In “One Night of Queen“ imitiert Schotte Gary Mullen den früheren Frontmann der Rockband. Seit elf Jahren tourt die Show rund um die Welt

CCH. Von großen Bands gibt es gute und schlechte Cover-Gruppen- und -Shows, vor allem aber zahlreiche. Beatles- und ABBA-Fans können davon nicht nur ein Lied singen. Queen, bis heute eine der größten Rockgruppen aller Zeiten, ist ein weiteres Beispiel. Ihr Mitgröl-und Stampf-Hit "We Will Rock You" hat sich als Musical inzwischen in Köln, Stuttgart und Berlin totgetreten. Und an die Show "It's A Kinda Magic", die in im Hamburger Zelttheater Fliegende Bauten die legendäre 1986er-Tour nach 20 Jahren wieder aufleben ließ, erinnern sich wohl nur noch Hardcore-Fans.

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Etwas anders sieht es mit "One Night of Queen" aus. Schon seit elf Jahren tourt die Show rund um die Welt und erneuert sich alle paar Jahre minimal oder variiert im Bühnenbild, ohne mit der Tradition der "Königin" zu brechen. Mehr noch: "One Night of Queen" ist die einzige Tribute-Show, die von Queen und ihren beiden verbliebenen Urmitgliedern Brian May (Gitarre) und Roger Taylor (Schlagzeug) selbst empfohlen wird.

Das liegt vor allem an Gary Mullen. Der Schotte imitiert nicht nur die teils exzessiven Selbstdarstellungen des früheren Queen-Frontmanns Freddie Mercury täuschend echt bis ins kleinste Detail. Begleitet von seiner Band The Works singt und tanzt Mullen auch fast wie sein Vorbild. Und er trägt dessen Original-Outfits. "Wenn Queen nicht will, dass wir ihre Songs performen, würden wir es auch nicht tun", hat Mullen schon vor Jahren mal erklärt.

Mullen, heute 38, ist Queen-Fan seit Kindheitstagen. Und ein (eher seltenes) Beispiel dafür, dass Gewinner von Casting-Shows durchaus auch musikalisch Karriere machen können. Nachdem er bei der britischen Doppelgänger-Show "Stars in Their Eyes" gesiegt hatte, nahm die Sache als Freddie-Mercury-Double alsbald Gestalt an.

Inzwischen absolviert der ehemalige Karaoke-Sänger und Computer-Verkäufer mit The Works zwischen 100 und fast 200 Greatest-Hit-Shows pro Jahr. Dafür verwandelt er sich an den Abenden mit Toupet, angeklebtem Schnauzbart und eng anliegenden Anzügen jedes Mal aufwendig in die einstige Diva des Rock. Und solch einen Umfang wie Freddie Mercury, 1945 auf der Insel Sansibar vor Ostafrika geboren und am 24. November 1991 an den Folgen von Aids in London gestorben, muss man(n) erst mal aufbieten. Mercurys Stimme umfasste fünf Oktaven inklusive Falsett. Auch deshalb wählten die Leser der Zeitschrift "Classic Rock" Mercury 2009 zum "größten Rocksänger aller Zeiten".

Als die Reste-Queen mit May und Taylor im Herbst 2008 in der damaligen Color-Line-Arena gastierte, ließ der bluesig-geerdete Gastsänger Paul Rodgers wohlweislich die Finger und Stimme von der "Bohemian Rhapsody", die Mercury bereits 1975 geschrieben hatte. Das Rock-Opus sang stattdessen per Einspielung von der Videowand zum Gutteil Freddie Mercury selbst.

Mullen jedoch wagt sich auch anno 2012 an dieses große Stück postmoderner Pop-Kultur. "The Great Pretender" und "Made in Heaven" sind da für ihn ein Leichtes. Bei geschätzten 320 Millionen weltweit verkauften Tonträgern von Queen können Alt und Jung ohnehin fast jeden Hit mitsingen. Sowohl jene, die Queen womöglich noch 1979 beim Konzert in der längst abgerissenen Hamburger Ernst-Merck-Halle erlebt haben, als auch die, welche die Band nie live gehört haben. Sei es die mehr als sieben Millionen Mal verkaufte Single "Another One Bites The Dust" oder die Sport-Hymne "We Are The Champions" - die Zeitreise in die Ära der britischen Kultband funktioniert, Stimmung scheint auch heute im sterilen Congress Center Hamburg möglich.

In Saarbrücken, beim Auftakt der diesjährigen Deutschland-Tournee von "One Night of Queen", stand die Hälfte der Besucher schon beim dritten Lied, vom vierten Song an wollte sich dann keiner mehr setzen. Im Verlauf der gut zweistündigen Show flitzt Mullen dann schon mal mit nacktem Oberkörper über die Bühne, um Elvis' "Jailhouse Rock" neu zu interpretieren.

Nur eine Zugabe à la "Barcelona" sollten Besucher nicht erwarten. Schließlich müssten die Tour-Organisatoren für das 1987 aufgenommene Duett außer dem Freddie-Mercury-Imitat Gary Mullen auch Opern-Schwergewicht Montserrat Caballé überreden ...

"One Night of Queen" heute, 20.00, CCH 2 (S Dammtor/U Stephansplatz), Marseiller Str., Karten zu 42,- bis 57,- an der Abendkasse; Infos im Internet: garymullenandtheworks.com