Die Schauspielerin Angela Winkler singt Chansons im St.-Pauli-Theater. Im Programm: Piaf, Schubert und Brecht

St.-Pauli-Theater. Angela Winkler gastiert derzeit in Hamburg. Die Bühnen- und Film-Schauspielerin - mit dem unvermeidlichen, ihr anhängenden und sie verfolgenden Beinamen "Katharina Blum" - geistert als gütiger Todesengel Miss Martha in der Krimi-Komödie "Arsen und Spitzenhäubchen" über die Kiez-Bühne. Hilfsbereitschaft und milder Irrwitz leuchten im Blick, wenn sie ihre Opfer entdeckt: einsame und alte Männer, in ihren Augen nichts anderes als bedauernswerte Kreaturen. Aus Mitleid befördert Martha mit Schwester Abby die ahnungslosen Untermieter ins Jenseits.

Heute Abend zeigt sich Angela Winkler von einer weniger dubiosen Seite: Die sanfte Hobbymörderin verwandelt sich in eine Chansonnette und gibt ihren Liederabend "Ich liebe Dich, kann ich nicht sagen". Für die Winkler ist der Auftritt als Liedinterpretin keine weitere Rolle, er entspringt ihrer Liebe zur Musik. Mit der späten Solokarriere hat sie sich einen langen Wunsch erfüllt.

Winklers Sangeskarriere (Debüt-Album, Tournee) ist kein Überraschungserfolg. Denn es ist nicht so, dass sie auf der Bühne nie gesungen hätte. Sie gab die Spelunkenjenny in der "Dreigroschenoper" oder trat im Berliner Ensemble als "Mutter Courage" auf. Aber: Beide waren Bühnenfiguren. Im Liederabend steht sie nun als Angela Winkler auf der Bühne und entpuppt sich - das boshafte, kokette, trotzige oder zärtliche Weibchen - als eine amüsante und anrührende musikalische Geschichtenerzählerin. Jeder freche Gassenhauer aus den 20er- oder 30er-Jahren, jedes Chanson - ob von Barbara, Holländer oder der Piaf -, jedes Lied von Schönberg oder Schubert und natürlich jeder Brecht-Weill-Song werden für sich zum kleinen Drama.

Oder filmisch ausgedrückt: zum Singspiel in Großaufnahme. Mal komisch, mal melancholisch, dann todtraurig. Doch stets charmant und selbstironisch, immer echt und unverkennbar - die Winkler.

Ihre Mutter, eine Sängerin, hat früh mit ihr Volkslieder gesungen, von denen das eine oder andere auch zu hören ist. Ihre Ausbildung hat Winkler nicht von der Akademie, sondern aus dem Leben. Sie trumpft nicht mit virtuoser Technik auf, obwohl sie keck silbern klingende Koloraturen meistert. Sie übersetzt ihr Denken und Fühlen innig oder spöttisch distanziert in Herzenstöne. Die Winkler singt sich in oft nur gehauchten Melodien Freude und Leid von der Seele. In einem Gespräch hat Angela Winkler das bestätigt: "Beim Singen bin ich ganz ich selber und fühle mich unbeschwert und frei wie ein Vogel, der sein Abendlied zwitschert."

Angela Winkler: "Ich liebe Dich, kann ich nicht sagen" Chansonabend Mo 9.1., 20.00, St.-Pauli-Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29/30, Karten zu 16,80 bis 31,- unter T. 30 30 98 98