Kabarettist Henning Venske lädt zum Jahresrückblick ins Lustspielhaus. Frank Grischek begleitet ihn am Akkordeon.

Lustspielhaus. Komisch will er eigentlich nicht sein. Wenn überhaupt, ist das ein Nebeneffekt in der Arbeit Henning Venskes. Und der wird dadurch verstärkt, dass der Autor und Kabarettist, dessen Grundsatz lautet: "Ich möchte weder regieren noch regiert werden", von heute an in Alma Hoppes Lustspielhaus nicht allein auf das vergangene Jahr zurückblickt. Es ist die Zeit der satirischen Abrechnung.

An Venskes Seite sitzt wieder Frank Grischek. Seit gut zehn Jahren arbeitet der Akkordeonvirtuose bereits mit Hamburgs langlebigster Lästerzunge zusammen. Seitdem bilden sie ein zunehmend komisches Gegensatzpaar. Venske hatte Grischek praktisch vom Tresen des Lustspielhauses weg engagiert, als er für kleinere Tourneen einen Begleitmusiker suchte. Grischek, studierter Musikwissenschaftler, Soziologe und Pädagoge, jobbte damals als stellvertretender Gastronomieleiter im Hamburger Kabaretttheater, nachdem sich die Comedienne Käthe Lachmann von ihm als Musiker getrennt hatte.

Seit sieben Jahren bilden Grischek und Venske auch auf der Lustspielhaus-Bühne ein - das gilt sogar für den "gelernten Misanthropen" Venske - beliebtes und bewährtes Satire-Gespann. Das liegt natürlich zum einen am scharfsinnigen und -züngigen Kabarettisten, aber auch am Wechselspiel mit seinem Akkord-Zuarbeiter und dessen Mienenspiel.

Grischek, einst von Venske als "mein Altenpfleger und Musiker auf Ein-Euro-Basis" oder als "Not leidender Banker" bewusst kleingehalten, erträgt derartige Beleidigungen stoisch und stumm. "Mein Wortanteil strebt auch bei diesem Jahresrückblick gen null", verrät der Akkordeonist mit einem Lächeln. Indes hatte Grischek im Herbst in seinem ersten Solobühnenprogramm "Unerhört" mitsamt Akkordeon bewiesen, dass er auch etwas zu sagen hat. Das haben sich der 40-Jährige und der 32 Jahre ältere graue Satire-Wolf auch noch, nachdem Grischek nicht mehr im selben Mietshaus im Stadtteil Hohenfelde, sondern im eher beschaulichen Bergstedt lebt. Mehr noch: Grischek ist der Einzige, der beim Solokabarettisten und Träger der Biermann-Ratjen-Medaille im Vorfeld des neuen Programms Bedenken äußern darf. Also doch kein Vater-Sohn-Verhältnis? "Wenn er wirklich Protest anmelden würde, hätte er selbstverständlich das Recht auf Änderungen", sagt Venske. "Das ist natürlich ein Privileg", ergänzt Grischek. "Henning legt gesteigerten Wert darauf, dass ich das lese." Zwar schreibt der Musiker dem Satire-Herrn durchaus mal ein paar Kommentare in die Manuskripte, jedoch regiert im neuen Jahresrückblick alles andere als der Rotstift. Lediglich ein paar Umstellungen im Programm hätten sie vor der Premiere noch vorgenommen.

Wer Venske und seine Art der Aufklärungsarbeit mal erlebt hat, der ahnt, dass trotz der obligatorischen Rubrik "Lallbacken des Jahres" alles andere als Konsens-Kabarett wartet.

Venske will sich mehr mit grundsätzlichen Entwicklungen wie etwa mit dem überstrapazierten Begriff Vertrauen beschäftigen, der Krise als solche und den Hintergründen der Mordserie der Neonazis. Und wenn er dann noch das Thema Bundeswehr, Afghanistan und Abschaffung der Wehrpflicht auf die Bühne bringt, könnte im Saal eher Betroffenheit als Lacher herrschen. Dann ist es Zeit für Grischek und einen heiteren Musette-Walzer auf dem Akkordeon. "Je tiefer Henning in den Keller geht, desto mehr schieße ich nach oben", erläutert Grischek das Prinzip. Und umgekehrt.

"Ich versuche, präzise und ausführlich zu analysieren", meint Venske. "Andere empfinden das als böse und gemein." Ein Medienthema 2011 wie die Gottschalk-Nachfolge bei "Wetten dass ..?" interessiert ihn kaum: "Ob dafür Rudi Carrell oder Jopie Heesters im Gespräch sind, ist doch unerheblich ..."

"Jahresrückblick Das war's! War's das?" Premiere Di 3.1., auch Mi 4. bis So 8.1. und Mi 11.1. bis Sa 14.1., jew. 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 15,- (erm.) bis 25,-: T. 55 56 55 56; www.almahoppe.de