Die Musik der gebürtigen Engländerin zeichnet sich durch einen spröden, puren Stil aus – einfach schön. Am 10. Januar singt sie im Hafenklang.

Hamburg. Es gibt Frauen in der Popmusik, die ganz neue Maßstäbe setzen und im großen Stil vergöttert werden: Patti Smith, Joni Mitchell, PJ Harvey oder Björk zum Beispiel. Scout Niblett ist keine von ihnen. Was sie hat: einen seltenen Drang zur Disharmonie und zum musikalischen Experiment. Was ihr fehlt: Gnade mit dem Pop. Die Musik der gebürtigen Engländerin zeichnet sich durch einen spröden, puren Stil aus. Die Stücke bestehen aus zerfetzten Gitarren, reduzierten Drums und Scout Nibletts Stimme. Diese ist mal ganz einfach schön, doch zumeist ein sich überschlagenes Kreischen, ein Wehklagen und verrücktes, intensives Gefühl. Dabei singt sie von Astrologie, göttlichen Plänen und Königspaaren, die nebeneinander leben und sterben.

Natürlich ist das abschreckend für den auf Harmonie gepolten Pop-Hörer, aber es lohnt sich, die klangliche Welt der 38-Jährigen zu betreten. Eine Welt, in der Musik noch Kunst ist.

Emma Louise Niblett beginnt ihre künstlerische Laufbahn in Nottingham, wo sie Musik und Performance-Kunst studiert, bevor sie 2000 nach Amerika zieht, um im Umfeld von Jason Molina und der Alternative-Country-Szene seines Projekts "Songs: Ohia" zu musizieren und 2001 ihr erstes Album "Sweetheart Fever" unter dem Künstlernamen Scout Niblett zu veröffentlichen. Den Vornamen übernimmt die Musikerin von Jean Louise "Scout" Finch, dem kleinen Mädchen aus Harper Lees Roman "To Kill A Mockingbird". Die Protagonistin hat schon mit knapp acht Jahren ihren eigenen Kopf, aber anpassen kann sie sich nicht.

Scout Niblett geht es ähnlich. Auf mittlerweile fünf Alben hat sie gezeigt, dass sie ihr eigenwilliges Handwerk beherrscht. Musikalisch ist sie vor allem dem Grunge verpflichtet. Mehrere ihrer Alben wurden von Steve Albini produziert, der schon Nirvana, PJ Harvey und den Pixies zu besonderem Sound verholfen hat. So auch bei der starken Zusammenarbeit zwischen Niblett Bonnie "Prince" Billy auf dem 2007er-Album "This Fool Can Die Now".

Scout Niblett liebt Mudhoney und das Feedback von Sonic Youth, aber vor allem Nirvana und Kurt Cobains fiebriges Gitarrenspiel, das sie in ihren Stücken zerfleddert und dekonstruiert und besonders auf ihrem 2005er-Album "Kidnapped By Neptune" wieder neu zusammensetzt. So folgen auf introvertierte Passagen heftige Wutausbrüche.

Bei der Live-Umsetzung des brüchigen Sounds wird Scout Niblett häufig nur von einem Drummer begleitet. Gitarre und Schlagzeug reiben sich aneinander auf, bis man glaubt, man höre seine eigenen Wunden schreien. So intensiv würde man Björk auch gerne mal erleben, oder nicht?

Scout Niblett, Swearing At Motorists Di 10.1., 21.00, Hafenklang (S Königsstraße), Große Elbstraße 84, Karten zu 11,10 im Vorverkauf; www.scoutniblett.com