... allerdings: Die jetzt veröffentlichte Statistik aus dem Jahr 2007 vergleicht Äpfel mit Birnen

Hamburg. Glaubt man den Zahlen, die der Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) jetzt veröffentlicht hat, müsste die Hamburger Kulturlandschaft vor vier Jahren geradezu eine Insel des Seligen gewesen sein. Eine Region, in der Milch und Honig fließen - und vor allem aber so viel Barmittel in die Kultur wie nirgendwo sonst in der Bundesrepublik: 199 Euro pro Einwohner soll Hamburg 2007 für Kultur und kulturnahe Bereiche aufgewendet haben. Berlin lag mit 181 Euro auf dem zweiten Platz, Sachsen erhielt für 178 Euro Bronze. Niedersachsen hingegen bekam in dieser Erhebung, die Teil des "Niedersachsen-Monitor 2011" ist, die rote Laterne, mit 72 Euro pro Kopf. Bundesweit seien die öffentlichen Kulturausgaben je Einwohner zwischen 2002 und 2007 um 0,9 Prozent gesunken, heißt es. In Niedersachsen habe der Rückgang 3,9 Prozent betragen. Grundlage für diese Erkenntnis war der im Zweijahresrhythmus erstellte Kulturfinanzbericht der Statistischen Bundes- und Landesämter (SBL).

So erfreulich dieser Spitzenplatz für die Kulturmetropole Hamburg in der Theorie auch ist, praktisch ist eine derartige Rechnung immer mit sehr viel Vorsicht zu genießen. Erst recht, wenn sie dazu führen könnte, sich auf Lorbeeren auszuruhen. Denn im Langzeitgedächtnis ist nichts zu finden, was die vermeintliche Blütezeit der hiesigen Kultur vor vier Jahren belegen könnte.

Und überhaupt: Was ist "Kultur", was sind "kulturnahe Bereiche"? Damit nimmt das Durcheinander unaufhaltsam seine Fahrt auf. Die LKSN-Studie bezieht sich bei "kulturnah" auf Ausgaben für Volkshochschulen und sonstige Weiterbildung, kirchliche Angelegenheiten sowie Rundfunkanstalten und Fernsehen. Allein diese Definition bietet reichlich Spielraum für Missverständnisse. Erst recht, wenn man im SBL-Bericht diese schöne Stelle lesen darf: "Unter den Stadtstaaten verzeichnete Hamburg die stärksten Zuwächse (+ 62,1 %). Diese sehr hohe Steigerungsrate erklärt sich durch den Neubau der Elbphilharmonie, die zur Spielzeit 2011/2012 eröffnet werden soll."

Das grundsätzliche Problem allerdings liegt in der föderalen Natur der Sache Bundesrepublik. Es gibt kleine und große Flächenländer, es gibt alte und neue Bundesländer mit sehr unterschiedlich gewachsenen Strukturen. Es gibt arme Stadtstaaten und nicht ganz so arme. Es gibt arme Kommunen und ganz arme. Es gibt Sonderfälle wie München, wo massiv vom Freistaat investiert wird, und es gibt Berlin. An sich arm und trotzdem sexy angeblich, doch dort sorgen Bundesmittel dafür, dass lokale Kultur repräsentativ aufblühen kann. Mit einem Satz: Äpfel und Birnen zu vergleichen macht ähnlich viel Sinn wie eine derartige Statistik.