Chris Pichler gastiert mit ihren gefeierten Monologen “Jackie“ und “Romy Schneider“ auf der Altonale.

Monsun-Theater. Diese Frau füllt jede Bühne aus. So viel ist sicher. Chris Pichlers Augen flackern hellwach. Ihr Lachen reißt mit. Ihre Gesten platziert sie präzise. Genau wie ihre Worte "Ich finde einen Monolog nicht schwierig. Die Figur, die man spielt, tritt ja in Kommunikation mit den Leuten, die zuhören", sagt sie, und es klingt weder unbekümmert noch allzu selbstgewiss. "Ein Monolog ist auch ein Dialog. Ich könnte keinen Monolog führen, wenn ich keine Zuhörer hätte."

Die hohe Kunst des Solos - Pichler ist sie schon zweimal geglückt. Zweimal hat sie sich Figuren der Zeitgeschichte mit theatralen Mitteln genähert. Den Theaterabend "Romy Schneider - Zwei Gesichter einer Frau" hat sie 2006 selbst aus Briefen, Texten und Tagebüchern Schneiders montiert, inszeniert und gespielt. Im vergangenen Jahr wurde ihr dafür von der ORF-Hörspiel-Jury das Prädikat "Schauspielerin des Jahres 2009" verliehen.

Unzählige Male hat sie den Abend schon an Bühnen zwischen Wien und Berlin aufgeführt. Den beiden Städten, die heute ihre Heimat sind und in denen sie jeweils eine Wohnung hat. Ebenfalls 2009 hat sie den Elfriede-Jelinek-Monolog "Jackie" in Linz herausgebracht. "Ich liebe das sehr", sagt sie. "Es hat viel mit Sprache und Feingefühl zu tun. Was erzählt man von sich selber, und wie geht man mit dem Respekt vor dem fremden gelebten Leben um?"

Pichlers Auseinandersetzung ist tief, vielschichtig, aufreibend. "Romy Schneider - Zwei Gesichter eine Frau", der am kommenden Sonntag als Gastspiel der Theater-Altonale im Monsun-Theater zu sehen ist, behandelt die komplizierte Identitätssuche der Schauspielerin, ihr Leben und Arbeiten und ihr Hadern mit den eigenen Ansprüchen, aber auch mit der deutsch-österreichischen Herkunft und der Nachkriegszeit. Indem der Abend die Lebens- und Zeitumstände reflektiert, weist er darüber hinaus.

Besonders hat es Pichler gefreut, als ihr ein Zuschauer nach der Vorstellung sagte, er habe sie wie einen Abriss der eigenen Geschichte empfunden. "Was mich an Romy so berührt, sie ist eine unglaublich authentische Schauspielerin. An ihrem Gesicht lässt sich alles ablesen", sagt sie. "Eine Frau, die hingebungsvoll und durchlässig ist und sich für ihren Beruf aufreißt. Aber das ist ja so ein Schauspielerbegriff." Pichler lacht ihr herzliches Lachen. Sich aufreißen und hingeben. Qualitäten, die auch auf sie selbst zutreffen. Zur Schauspielerei kam sie erst relativ spät. Aufgewachsen in einem eher wirtschaftlich als künstlerisch geprägten Elternhaus, hat sie erst zwei Semester Landschaftsökologie studiert. "Mich haben Strukturen interessiert und wie sie sich fortführen lassen", erklärt sie den Ausflug heute, "das Forschen reizte mich."

Geforscht hat sie zuletzt über das Leben von Jacqueline Kennedy Onassis für Elfriede Jelineks "Jackie"-Monolog, mit dem sie heute und morgen im Monsun-Theater gastiert. Im klassischen Jackie-Kostüm sitzt sie dabei auf einem gigantischen Stuhl. Und auch hier interessiert es sie vorrangig, die Figur ins Heute zu denken. "Wenn man Jelineks Texte spricht, passiert etwas mit einem selbst", sagt Pichler. Der Monolog "Jackie" offenbart eine Frau, die auf dem Grad zwischen Privatheit und Öffentlichkeit balanciert. "Diese Figur näht sich in jedem Moment weiter fort, in dieses Kleid, in diese Rolle hinein und wird dadurch sehr durchscheinend", erzählt Chris Pichler.

Der Text ist verankert in der Biografie der Figur. Es sei, so Pichler, als würde sich Jackie mit dem immer wieder in dem sich kreisförmig empor windenden Text beim Sprechen immer wieder neu erfinden. "Das ist ja an sich schon mal tragisch." Ihr Unglück und ihre persönlichen Verletzungen in der Ehe mit John F. Kennedy hätte sie dabei niemals sichtbar gemacht. "Ich bin meine Kleider, meine Kleider sind ich" heißt es im Text. Und weiter: "Im Blitzlichtgewitter bin ich vollkommen privat, indem ich vollkommen öffentlich bin."

Bei aller Leidenschaft für Soloabende ist Chris Pichler keine, die nur Alleingänge schätzt, sondern auch den Zusammenhang von Ensembles an großen Theaterhäusern sucht. "Abende werden dann gut, wenn man miteinander kommuniziert. Ein Stück, einen Gedanken gemeinsam trägt." So aufregend es sei, wenn man eine Form selbst entwickelt, "auf gewisse Dinge kommt man selbst ja vielleicht gar nicht." Bestimmt nicht auf alles, aber auf ziemlich viel.

Jackie Fr 18.6., Sa 19.6., Romy So 20.6., jeweils 20.00, Monsun-Theater (S Altona), Friedensallee 20, Karten (14,- /8,-): T. 399 31 48; www.altonale.de