Der Film “Lychener 64“ erzählt von geplatzten Träumen und vom Wandel eines selbstbestimmten Lebens bis zur Anpassung an die Norm.

Wenn ein Haus saniert, der Kohleofen durch eine Zentralheizung und die Außentoilette durch ein Klo in der Wohnung ersetzt wird, könnten Mieter begeistert sein. Jedenfalls wenn die Modernisierung nicht massive Auswirkungen auf die Höhe der Miete hätte. Den Protagonisten in der von Jakob Rühle, Fabio Dondero und Teresina Moscatiello gedrehten Dokumentation "Lychener 64" geht es aber noch um etwas anderes. Sie haben sich in einem der letzten unsanierten Gründerzeithäuser am Prenzlauer Berg ihren Traum vom weitgehend selbstbestimmten Wohnen erfüllt, den sie nun aufgeben sollen.

"Wenn mir irgendeiner erzählen will, dat ick schlecht lebe, kann ick nur sagen, der hat 'nen Ei auf dem Kopp", sagt Grafikerin Simone, die mit ihrem Sohn und acht Papageien in einer der Wohnungen lebt. Wie alle anderen ist sie zum Widerstand entschlossen und will ihren Wohnraum nicht aufgeben, zumal auch sie fürchten muss, die zwangsläufig höhere Miete nach der Sanierung nicht zahlen zu können.

Die Gentrifizierung eines Stadtteils, bei der einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen verdrängt werden, macht das Regie-Trio an einem ganz konkreten Beispiel zum Thema ihrer Doku, die ein erwartbares Ende hat: Nach Abschluss der Bauarbeiten kehrt keiner der zahlreichen Mieter in seine modernisierte und bis zu viermal teurere Wohnung zurück.

+++-- Lychener 64 Deutschland 2010, 84 Minuten, o. A., R: Jakob Rühle, Teresina Moscatiello, Fabio Dondero, täglich im 3001; www.sinafilm.de