Die Hamburger Ratsmusik begibt sich nach “Felix Austria“ ins 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert, lange vor Einführung europäischer Industrienormen, hatte jede Region ihre eigenen Musikstile und Satzformen, Verzierungen und instrumentalen Eigenheiten. An Vereinheitlichung dachte niemand. Musiker waren schon damals Fahrensleute; sie nahmen mit, was sie sahen und hörten, und verschmolzen es mit dem, was sie anderswo fanden, zu Neuem.

Das Ensemble Hamburger Ratsmusik begibt sich auf seiner neuen CD "Felix Austria" ins habsburgische Wien des fernen 17. Jahrhunderts. Es reist in einer damals beliebten Besetzung: als Gambenconsort, also mit unterschiedlich großen Gamben und Laute und Orgel als Basso continuo.

Höfisch-vornehm geht es auf der CD zu. Kein akustisches Feuerwerk holt den Hörer ab; das Ohr muss schon aktiv werden, um die Vielfalt dessen zu erleben, was die Musiker zusammengetragen haben: von kompositorischen Fingerübungen gekrönter Häupter bis zu den Kühnheiten großer Komponisten der Zeit wie Johann Jacob Froberger oder Johann Heinrich Schmelzer.

Klaus Mertens singt die Bass-Soli mit freier, schlank geführter Stimme. Scheinbar mühelos bringt er die rasanten Tonrepetitionen, Triller und Girlanden an, nur einige vernuschelt er.

Die wichtigsten musikalischen Strömungen gingen damals von Italien aus. Nicht zufällig sind zwei der sechs auf der CD vertretenen Komponisten Italiener. Giovanni Valentini war so beliebt, dass er sogar Kapellmeister blieb, als ein neuer Kaiser gekrönt wurde.

Seine "Sonata Enharmonica" muss damaligen Ohren wie Teufelswerk geklungen haben. Wie ihr Name schon sagt, deutet sie ständig Töne in ihrem harmonischen Zusammenhang um, etwa von "Dis" zu "Es".

Es ist ein Genuss, wie blitzsauber das Ensemble zwischen den Tonarten changiert. Überhaupt klingt es homogen und zart und lange nicht so näselnd, wie Spötter es der Gambe gerne unterschieben: in der Höhe mal flötenartig weich und mal gläsern; in der Tiefe dunkel wie die Orgel. Die Musiker scheinen einen atmenden Organismus zu bilden, so einheitlich phrasieren sie. Nach den Sinnabschnitten nehmen sie sich Zeit und unterstreichen dadurch den rhetorischen Charakter der Musik. Und reden in den polyfonen Passagen munter durcheinander.

Hamburger Ratsmusik: Felix Austria (CPO); www.hamburger-ratsmusik.de