Das zweite Hamburger Theaterfestival präsentiert im Herbst herausragende Inszenierungen. Allein von Bürgern finanziert

Fabelhaft, was das Hamburger Theaterfestival zwischen Ende September und Ende Oktober hier präsentieren wird. Das Programm des Berliner Theatertreffens - zu dem einige Aufführungen auch eingeladen waren - ist nicht besser. Fast alle Stücke sind preisgekrönt, wurden zu den Theaterfestivals dieser Welt eingeladen, präsentieren Künstler, die als Schauspieler des Jahres ausgezeichnet wurden oder durch Film und Fernsehen bekannt sind. Jetzt startet der Vorverkauf für die acht herausragenden Inszenierungen aus dem deutschsprachigen Raum.

Allen voran das Eröffnungsgastspiel (26. September) mit Kafkas "Der Prozess" von den Münchner Kammerspielen. Regisseur Andreas Kriegenburg, der lange Oberspielleiter am Thalia-Theater war, zeigt hier seine wohl beste Arbeit, eine kongeniale Verbindung von Dramaturgie, Kraft und Kunst. Wie eine surreale Fantasie wirkt die Bühne, die sich bis in die Senkrechte dreht und rotiert und die den Albtraum, den ein Bankbeamter erlebt, sinnlich nachfühlbar macht. Die Welt ist eine schiefe Ebene und wer nicht aufpasst, fällt runter. Diese Menschen klettern, strampeln, hängen und straucheln. Ein Wahn, ein Traum und ein Slapstick, in dem die teils uniformiert aussehenden Menschen auf der Bühne wie in einem Hamsterrad herumkraxeln. Ehemalige Hamburger Publikumslieblinge wie Annette Paulmann und Bernd Moss spielen mit. Jeden, der Theater liebt, wird diese Aufführung verzaubern. Garantiert. Alle, die schon lange nicht mehr im Theater waren, sollten sich diesen Abend nicht entgehen lassen, um eine Leidenschaft neu zu erwecken.

Herausragend auch das zweite Gastspiel, Martin Kusejs Inszenierung "Der Weibsteufel" (28./29. September) vom Wiener Burgtheater, mit Birgit Minichmayr in der Rolle als gurrende, lockende, sich entziehende Frau zwischen zwei Männern (gespielt von Werner Wölbern und Nicholas Ofczarek). 90 Minuten atemlos spannendes Schauspielertheater.

Großartige Schauspieler kann man auch in "Onkel Wanja" von dem 2009 gestorbenen Jürgen Gosch sehen (10. Oktober). Constanze Becker, Ulrich Matthes, Jens Harzer sind darunter. Die wunderbar leicht hingetupfte Inszenierung ließ die Kritiker jubeln: "So hat man Tschechow lange nicht gesehen." Am Deutschen Theater Berlin war sie ständig ausverkauft. In "Quartett" (Regie: Barbara Frey), einer Koproduktion vom Schauspielhaus Zürich und den Salzburger Festspielen (14./15. Oktober), spielt Barbara Sukowa erstmals seit 1983 wieder Theater. "Phädra" (16./17. Oktober) präsentiert einen anderen Star: Sunnyi Melles, die zum ersten Mal in Hamburg auftritt. Burgtheater-Intendant Matthias Hartmann inszenierte das Stück für die Salzburger Festspiele. Mit dabei sind auch die ehemaligen Hamburger Ensemblemitglieder Hans-Michael Rehberg, Paulus Manker und Sylvie Rohrer.

Martin Wuttkes "Gretchens Faust" vom Berliner Ensemble ist ein halsbrecherischer Versuch, Goethes Klassiker vollkommen neu zu interpretieren (21./22. Oktober). Am 24. und 25. Oktober kommt die Großproduktion "Mea Culpa" von Christoph Schlingensief ans Schauspielhaus. Das Wahnsinnswerk mit 100 Mitwirkenden spiegelt Schlingensiefs gesamtes künstlerisches Leben und Wirken, ein wundersames Panoptikum zwischen Singspiel und Ayurveda-Klinik-Farce als Hochamt auf die Gesundung. Geradezu ein Muss für alle Theaterfans. Zum Abschluss des Festivals gastiert noch einmal Ulrich Matthes mit Wolfram Koch in Becketts "Endspiel" in Hamburg. Ergänzt wird das Festival durch Workshops und Themenabende einer "Herbstakademie" mit Schauspielschülern, Theatermachern und Dramatikern.

Höchst attraktiv, was Festivalveranstalter Nikolaus Besch da zum zweiten Mal auf die Beine gestellt hat - ohne einen Cent von der Stadt. Finanziert wird dieses tolle Programm mit einem Budget von 850 000 Euro von Bürgern, Mäzenen und Sponsoren dieser Stadt. "Hamburg soll sich als Theater- und Festivalstadt weiterentwickeln", sagte der Kuratoriumsvorsitzende Ian Karan gestern auf der Pressekonferenz zum Vorverkaufsstart. Kein Zweifel, dass das mit diesem Programm, das im Schauspielhaus, im Thalia-Theater, im St.-Pauli-Theater und auf Kampnagel gezeigt werden wird, gelingen kann.

Karten an allen Vorverkaufstellen, in den Theatern oder bei www.hamburgertheaterfestival.de