Stefano Bollanis Kompositionen von der NDR-Bigband begeisterten im Rolf-Liebermann-Studio. Ekkehard Jost präsentierte klugen, aber schalen Jazz.

Hamburg. Stefano Bollani sieht aus wie ein neapolitanischer Eiscafékellner. Der Charme quillt ihm aus den struppigen Locken, und Klavier spielt er wie eine Mischung aus Maurizio Pollini und Cecil Taylor - halb Klassikgott, halb Free-Jazz-Titan. Dass er auch noch ganz unwiderstehlich singen kann, blieb dem Publikum des NDR Jazzkonzerts am Donnerstag im Rolf-Liebermann-Studio verborgen, denn diesmal ging es um Bollani, den Komponisten, der einige seiner Stücke für die NDR-Bigband hatte arrangieren lassen.

"Lasst das bloß keinen Italiener machen, meine Musik ist schon italienisch genug!", hatte er die NDR-Verantwortlichen gebeten. Also gaben sie dem norwegischen Komponisten und Bigband-Leiter Geir Lysne den Job. Lysnes stark akkordisch gefärbte Panoramen klangen bisweilen, als verliefe zwischen den Abruzzen und der Telemark ein ununterbrochenes Wurzelwerk der Folklore. Bei den Tutti-Passagen ertrank das Klavier unter den machtvollen Bläserfluten. Doch immer wieder dünnte Lysne den Klangfluss aus, fand reizvolle Instrumentenkombinationen oder überließ Bollani ganz dem Zusammenspiel mit dem Percussion-Zauberer Marcio Doctor und dem fantastisch druckvollen, dabei sehr ökonomisch agierenden Schlagzeuger Jeff Ballard, wobei Ingmar Heller am Bass die Fäden schön zusammenhielt.

In der ersten Hälfte des Konzerts präsentierte der bedeutende Jazz-Publizist und nicht ganz so bedeutende Jazz-Musiker Ekkehard Jost vom Baritonsaxofon aus eine Kollektion politischer Lieder aus vier Jahrhunderten. Dietmar Mues rezitierte hoch musikalisch und bisweilen allzu deklamatorisch die Texte. Ein Bläserquintett um Jost plus Bass und Schlagzeug lieferte dazu erschreckend alt gewordenen Jazz. Die überwiegend choralartigen Sätze, dissonant aufgeraut und bisweilen an den Sound einer zerbeulten Schalmei erinnernd, boten den Bläsern überraschend wenig Freiraum zur Improvisation. Jazz der guten Gesinnung; klug gedacht, schal im Geschmack.