Hamburg. Wie ein sanfter Sommerregen tröpfeln die Töne aus dem Flügel und verschmelzen mit Klarinette und Streichern zu einer weichen Wellenbewegung: Eine wunderbare Mischung, mit der Robert Schumann den Hörer zu Anfang seines Stücks "Introduktion und Allegro" für Klavier und Orchester becirct. Und diese filigrane Erfindung soll von einem Komponisten stammen, der bereits "Spuren geistiger Ermattung" zeigt? Nee, nee.

Dass der schwer kranke Schumann in den letzten Lebensjahren nicht mehr auf der Höhe gewesen sei, gehört zu den gröbsten Fehlurteilen seiner frühen Biografen.

Wie falsch sie damit lagen, zeigte das Schumann-Jubiläumskonzert des NDR-Sinfonieorchesters in der Laeiszhalle: Da spielte Tzimon Barto drei späte Stücke, die Christoph Eschenbach zu einem imaginären Klavierkonzert zusammengestellt hat - und zeigte das ungebrochen große Ausdrucksspektrum des Komponisten: Es reicht vom innigen Gesang, etwa in den "Geistervariationen", bis zur kraftvollen pianistischen Virtuosität.

Tzimon Barto kostete die lyrisch-leisen Passagen sehr schön aus - nahm sich dafür aber, gemeinsam mit Maestro Eschenbach, reichlich viel Zeit. In dieser akustischen Slow Motion wirkte dann nicht jedes Detail genau choreografiert, und die Musik geriet ein ums andere Mal ins Stocken.

Dagegen hatte die "Rheinische" deutlich mehr Fluss: Mit weit ausgreifenden Bewegungen tauchte Eschenbach in die Klangfluten der Sinfonie ein und inspirierte das Orchester zu einer energisch vorandrängenden Interpretation.

Da waren die Vorurteile von der vermeintlich nachlassenden Schaffenskraft des Komponisten endgültig weggespült.