In “Berggasse 19: die Couch“ wird der Zuschauer zum Beinahe-Therapeuten

Hamburg. Schneidender Gewürzgeruch liegt in der Luft. Die ehemalige Bestimmung der Pfeffermühle schlägt dem Besucher der deutschen Erstaufführung von "Berggasse 19: Die Couch" bei der Altonale mit Macht entgegen. In drei Gruppen betreten die Besucher je einen Praxisraum. Hier steht sie schon, die berühmte Couch, daneben ein Tisch mit den obligatorischen Taschentüchern für die sich hoffentlich öffnenden Seelenschleusen.

Die Therapeutenrolle liegt beim Zuschauer in dieser Collage, die Michel Didym aus Texten der ersten Riege österreichischer Nachwuchsdramatiker wie Hakon Hirzenberger, Ewald Palmetshofer oder Kathrin Röggla geschaffen hat. Ein Schauspieler (Hannes Florstedt) hadert mit einem Konkurrenten, dem er nicht das bessere Engagement, aber die Frau weggeschnappt hat. Eine Medienfrau (Eva Geiler) ringt mit dem eigenen Narzissmus und der falschen Wahrnehmung durch andere. Ein Spielsüchtiger (Bernd Hölscher) behauptet, stets rational vorzugehen. Die Patienten oszillieren zwischen verstocktem Schweigen und Gefühlsausbrüchen. Zwischen den Szenen wechseln die drei Akteure Klamotte, Rolle und Stockwerk. Und 'Mein Freund Harvey' ist als Bühnenhelfer im Hasenkostüm im Einsatz. Aus dem Off schwadroniert eine Stimme über das Lustprinzip und die infantile Kloakentheorie mit Texten vom Meister Sigmund Freud selbst.

Die Inszenierung von Corinna Sommerhäuser nimmt die Zuschauer mit auf eine formal und darstellerisch recht gelungene Reise, bei der ihn alsbald eine gewisse Ohnmacht ergreift. Neun Figuren beim Wässern ihrer Neurosen zuzuschauen ohne den Hauch der Chance einer Entwicklung, ist auf die Dauer etwas eintönig.

Berggasse 19: Die Couch Sa/So 12./13.6., jeweils 20.15, Pfeffermühle (U Königstraße), Virchowstraße 15, Eintritt 14,-/erm. 8,-; www.altonale.de