Am 11. Juni spielt Fußball gegen Pop

::Ob der Sänger seinem Bookingteam schon eine gelangt hat? Oder hat er es einfach selber verpennt? Jedenfalls will das große Pop-Talent, das mit 23 Jahren schon auf zwei Top-3-Alben in den UK-Charts zurückblicken kann, am 11. Juni auf der Freilichtbühne im Hamburger Stadtpark auftreten. 11. Juni, da war doch was? Ach, ja, der Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Ganz großer Sport!

Wir blättern in der Buffer-Bibel "11 Freunde" und schauen, was das Stadtpark-Publikum verpassen wird. Während der Künstler in Winterhude auf die Bühne geht, trifft Uruguay auf die Franzosen. So steht es auf dem Spielplan, und während ich den Kader der Uruguayer durchgehe, tippt meine Frau auf das Mannschaftsfoto der Südamerikaner in ihren hübschen hellblauen Trikots: "Wer ist das?"

Meine Antwort kommt angeschossen wie ein Schweinsteiger-Schuss: "Diego Martín Forlán Corazzo, kurz: Forlán, Stürmer, Torschützenkönig der spanischen Primera División 2005 und 2009, vor wenigen Tagen zweifacher Torschütze für Atlético Madrid im Finale der Uefa Europa League gegen den Fulham F.C. - in Hamburg." Ihre Entgegnung ist knapp, aber aufschlussreich: "Der sieht gut aus, ich bin für Uruguay." Ich liebe sie!

Getreten wurde nicht mehr der Ball, sondern nur noch der Gegner

Denn auch ich bin für einen dritten WM-Stern für den Weltmeister von 1930 und 1950, der dann allerdings fünf Sterne auf dem Trikot tragen würde: Mangels großer Erfolge seit dem letzten Titel pimpte der Verband von Uruguay sein Leibchen mit zwei zusätzlichen Sternen für die siegreichen olympischen Kickerturniere 1924 und 1928.

Ja, einst waren die "Charrúas", wie "La Celeste" (Die Himmelblauen) im Volksmund nach einem legendären Ureinwohnerstamm genannt werden, das Maß aller runden Dinge. Unvergessen, wie sich Uruguay 1950 mit einem 2:1 gegen Brasilien den Titel holte und 200 000 (!) brasilianische Fans im Maracaña-Stadion in ein kollektives Trauma stürzte. Von diesem Tag an spielte Brasiliens "Seleção" nie wieder in Weiß.

In den folgenden Jahrzehnten aber ging es mit Uruguay bergab, weil sie im Wortsine nur noch mit der Brechstange spielten. Getreten wurde nicht mehr der Ball, sondern nur noch der Gegner - der meistens gewann, weil er förmlich ums Überleben kämpfen musste. Wie die Deutschen.

1966 in England trafen Uns/Euch Uwes Jungs im WM-Viertelfinale auf Uruguay, das aus den Deutschen Hackepeter machen wollte. Der Referee hatte in der zweiten Halbzeit die Nase voll und schickte mit Polizei-Hilfe zwei Hellblaue zum Duschen. Das 4:0 von Uwes Elf ist vergessen, nicht aber der Ausdruck, den Radio-Reporter Herbert Zimmermann für die finstere Tretertruppe prägte: "Die Urus".

So gewannen auch Overath, Seeler, Libuda und Müller 1970 das Spiel um Platz 3 in Mexiko mit mehr Blessuren als Toren. Deutschland 1, Uruguay 0. Und 16 Jahre später, erneut in Mexiko, rannte die DFB-Elf in der Vorrunde nach frühem Rückstand 80 Minuten gegen eine knallharte Uru-Mauer aus Eisenfüßen und Ellenbogen, beobachtet von einem so fassungs- wie tatenlosen Schiedsrichter. Kurz vor Schluss gelang Allofs der Treffer zum erlösenden, weil ausgeglichenen Endstand.

Hinten alles kaputt machen und vorne Forlán: Beim Vorabspielen der WM 2010 auf der Xbox holte ich so mit Uruguay den WM-Titel. Trotz zweier Platzverweise im Finale.

Halten Sie also Ihren Kindern am 11. Juni beim Spiel Uruguay gegen Frankreich die Augen zu. Oder sehen Sie sich im Stadtpark einen Künstler an, der trotz schottisch-italienischer Wurzeln völlig harmlos ist.

Um wen es sich handelt? Die Auflösung steht auf Seite 4.

Public Viewing Hyundai Fan Park, 11.6. -11.7., Heiligengeistfeld (U Messehallen, St. Pauli)