In der Laeiszhalle spielte der Pianist für sein großes Vorbild

Hamburg. Der Pianist und Musikwissenschaftler Andrej Hoteev hat das Hamburger Konzertleben schon mit denkwürdigen Aufführungen russischer Klassiker bereichert. Als Quellenforscher hat Hoteev die unverstümmelten Originaltexte von Tschaikowskys Erstem Klavierkonzert oder Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung" aus den Archiven wieder zutage gefördert. Und 2006 wagte er mit den Hamburger Symphonikern eine multimediale Realisation von Skrjabins "Prométhée".

Zum 25. Jubiläum seiner ersten persönlichen Begegnung mit Swjatoslaw Richter widmete Hoteev nun am Freitagabend in der Laeiszhalle seinem großen Vorbild ein Gedenkkonzert - und stieß dabei leider hörbar an seine Grenzen.

Als Pianist verfügt Hoteev im Piano-Bereich über eine feine, nuancierte Anschlagkultur. Bei den gesanglichen Passagen von Liszts Sonate h-moll oder den stimmungsvollen kleinen Zugaben von Debussy, Rachmaninow und Schubert erwies er sich so als großer Tastenlyriker. Hier spürte man den versierten Liedbegleiter.

Doch überall dort, wo die Musik ein gewisses Maß an Komplexität überschritt, wurden Hoteevs technische Grenzen hörbar. Bei Skrjabins Sonate Nr. 9 mag das Wühlen in einem diffusen, gleichsam stehenden Gesamtklang noch zum Konzept gehört haben. Doch in den vielen virtuosen Partien von Liszts aberwitzig virtuoser Sonate verschwanden thematische Zusammenhänge, die Enden allzu vieler Phrasen und schließlich die Musik selbst in einer Wolke aus Pedalklang.

Dafür wurden ab und an seltsam schiefe Töne hörbar, bei denen man sich nicht ganz sicher war, ob der Pianist sich nun vergriffen hatte oder ob sich Nachklang und neuer Anschlag misstönend ins Gehege kamen.

Deutlich trennschärfer gelang zum Abschluss die von Hoteev wiederentdeckte Urtextfassung der "Bilder einer Ausstellung". Auch hier stakste etwa das "Ballett der unausgeschlüpften Küken" noch etwas steifbeinig. Doch in den Promenaden, bei "Bydlo" oder dem "Großen Tor von Kiew" war Hoteevs dröhnig-erdiger Klavierklang wirklich am Platz. Und den gespenstischen Abstieg ins Totenreich bei "Catacombae" und "cum mortuis in lingua mortua" gestaltete der Musikforscher mit beklemmender Eindringlichkeit.