Brillante Schauspieler in “Wind in den Pappeln“ am Ernst-Deutsch-Theater

Hamburg. Das Alter ist kein Platz für Schlappschwänze, wusste Bette Davis, Hollywoods legendäre Dragoner-Diva. Im Kampfesgeist gegen die Gebrechen übt sich unermüdlich das ergraute Haudegen-Trio in Gérald Sibleyras' Tragikomödie "Wind in den Pappeln". Torsten Fischer hat die verbalen Scharmützel feinfühlig und pointiert für das Berliner Renaissancetheater inszeniert. In der Übernahme am Ernst-Deutsch-Theater brillieren Harald Dietl, Jörg Pleva und Jürgen Thormann. Sie genießen den bösen Witz, bringen aber auch die ernsteren Töne des in Momenten durchaus harten Stücks zum Klingen.

Die Männer haben den nahen Tod vor Augen. Genau wie in den Schlachten des Ersten Weltkriegs. Nun machen die hochrangigen Offiziere die Terrasse des Pflegeheims zum Kampfplatz ihrer Wortgefechte. Sie reiten ihre Attacken gegen Ordensschwester Madeleine und entwerfen Strategien für eine letzte Reise zu den im Wind schwankenden Pappeln.

Doch eigentlich sind sie vom Leben bereits ausgeschlossen, wie es der Bühnenraum von Vasilis Triantafillopoulos mit seiner hohen Fensterfront symbolisch ins Bild setzt. Sie sind Zuschauer, an denen das Leben und die Jahreszeiten vorbeiziehen.

In den Dialog-Duellen lassen die Schauspieler Hochs und Tiefs ihrer körperlichen und seelischen Verfassung spüren. Schlagfertig, sarkastisch und verletzend treffsicher zeichnet Jürgen Thormann den "verrückten" Gustave. In harscher Knappheit an Loriot-Figuren erinnernd, kaschiert Thormann mit Bonmots und strammer Haltung Gustaves tiefe Verunsicherung durch nachlassende Geisteskraft und Gefangensein im Pflegeheim.

Harald Dietl, bekannt als Kommissar Feldmann in der Krimiserie "Die Männer vom K3", hat sich etwas vom markigen Oberst und das "sonnige Gemüt" bewahrt, wie Gustave spottet. Jörg Plevas larmoyanter, doch pfiffiger Fernand kurvt zum Musettewalzer im Rollstuhl über die Bühne, leidet jedoch an jähen Ohnmachtsanfällen durch einen Granatsplitter im Kopf. Mal gerät er zwischen die beiden, um das Kommando konkurrierenden Streithähne, vermittelt dann wieder diplomatisch zwischen ihnen. Krieger können eben das Kriegführen nicht lassen.

Die streitlustigen Drei huldigen mit dem Autor aber auch dem Kampfeswillen des Menschen, seiner Kraft, bis zum letzten Atemzug zu hoffen, und mit Humor, Mut und Selbstdisziplin auch dem Alter noch kleine Siege abtrotzen zu können. Ganz nach dem Beispiel der "unsterblichen" Bette.

Wind in den Pappeln bis 9.7., Ernst-Deutsch-Theater, Karten Tel. 22 70 14 20