Die Theaterautorin und Regisseurin schreibt Stücke und spielt im St.-Pauli-Theater in der Horváth-Collage “Ein Fräulein wird verkauft“.

Hamburg. Bis Sommer 2009 gehörte Laura de Weck zum Ensemble des Jungen Schauspielhauses. Nach zwei Jahren wollte sie wieder ein Stück schreiben - ihr drittes. "Ich hatte genug Ideen gesammelt", sagt sie. Nun sei es so gut wie fertig. "In zwei Wochen bekommt es mein Verlag." Jetzt hat die Theaterautorin - ihre Stücke "Lieblingsmenschen" und "SumSum" werden zwischen Moskau und Buenos Aires aufgeführt - wieder Lust zu spielen.

Diesmal im St.-Pauli-Theater. Ödön von Horváth konnte die Sprachfanatikerin nicht widerstehen. Sie bewundert die sprachliche Verdichtung seiner Stücke, spielt Agnes Pollinger in Dania Homanns Szenen-Collage "Ein Fräulein wird verkauft". Die Regisseurin schneidet Horváths Erzählung "36 Stunden" und Teile des Romans "Der ewige Spießer" gegeneinander. Fräulein Pollinger heißt einmal Agnes, einmal Anna, verkörpert sozusagen zwei Seiten einer Person, die in der Zeit von Armut und Arbeitslosigkeit verschiedene Wege wählt, um sich durchzuschlagen.

Laura de Weck hat zwischen Schreiben und Spielen nie geschwankt. Sie wollte beides. Schreiben gehörte für sie als Tochter des bekannten Publizisten und früheren "Zeit"-Chefredakteurs Roger de Weck zum Leben. Den Spaß am Theaterspielen entdeckte sie in der ersten Klasse auf der Hamburger Grundschule. "Ich bin ein Theaterfreak", sagt sie von sich.

Doch keine Spur von Theatralik liegt in ihrem Auftritt und Wesen. Sie ruht in sich, trotz all der Skepsis und berechtigten Zweifel einer jungen, klugen und erfolgreichen Künstlerin. Sie beobachtet, erforscht, studiert das Gegenüber, hört genau zu, lässt sich aber nur begrenzt in die Karten blicken. Jede Antwort kommt überlegt. Oft sucht Laura de Weck nach Worten, sagt eher zu sich: "Wie soll ich es ausdrücken?"

Diese Frage müssen sich Bühnenkünstler stellen - egal, ob sie Theater spielen oder dafür schreiben. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Was jedoch nicht heißt, dass jeder Schauspieler auch Stücke schreiben will oder könnte. Weil Laura de Weck aber auch Bühnenerfahrung hat, weiß sie, dass ein Stücktext nicht das ganze Werk ist, wie sie sagt. "Man kann es zwar lesen, aber das Tolle am Theater ist, dass die Schauspieler und ein Regisseur mein Stück erst lebendig machen, ihm Atmosphäre, Gestalt und Handlung geben."

Deshalb beschreibt sie ihre Figuren nicht, lässt Aussehen, oft auch das Alter weg und die Regieanweisungen ohnehin. "Wenn ich spielen soll und lese im Stück 'jetzt weinen', sträube ich mich, ich glaub' dann lach ich." Die Autorin hält den Handlungsspielraum für Schauspieler möglichst offen, weil sie beim Probieren selbst daran Spaß hat. "Ich versuche ihnen Bälle zuzuwerfen und hoffe, dass sie mit diesen Bällen spielerisch umgehen. Wenn ich schreibe, habe ich eine leere Bühne im Kopf."

Das Zentrum ihrer Stücke ist die Sprache, der Dialog oder das Scheitern des Dialogs. "Ich denke beim Schreiben an Intonation, an den Klang eines Satzes, den Rhythmus. Wir Schauspieler arbeiten doch damit." Sie hält sich für keine politische Autorin, zitiert auf die Frage nach dem Motor ihrer Stücke den Maler Mark Rothko: "Er hat einmal gesagt, ihm geht es um die Grundgefühle der Menschen. Das mag vielleicht banal klingen: Aber der Mensch, wie er jetzt ist und wie er vor 2000 Jahren war, ist mir Rätsel genug."

Soziale Themen - gerade im Trend - interessieren sie weniger. "Die Gesellschaft ist ein Teil des Menschseins, aber eben nur ein Teil. Ich möchte lebensbejahende Stücke schreiben." Die positive Haltung strahlt Laura de Weck aus, gibt sie auch ihren Figuren. Theater ist für sie eines der Medien, in denen Sprache noch großen Raum bekommt. "Mir gefallen die vielen Roman- und Filmbearbeitungen für die Bühne nicht. Die Kraft der theatralen Sprache geht verloren. Die sollte sich das Theater nicht nehmen lassen." Keine Sorge. Die Sprache des Theaters hat in Laura de Weck eine kreative Fürsprecherin.

Ein Fräulein wird verkauft Premiere heute, 20 Uhr, St.-Pauli-Theater, Karten T. 47 11 06 66