Der Hamburger Rapper Dendemann ist seit Jahren mit seinen Alben und Konzerten erfolgreich. Nur im Radio ist er selten zu hören.

Hamburg. Senderreise. Ein Wort, das nicht jedem Popkünstler ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Senderreise bedeutet, in Radiostationen Werbung für eine neue Platte zu machen und zu versuchen, dass eine Single in die Rotation kommt und oft gespielt wird.

Für Dendemann oftmals ein frustrierendes Erlebnis. Seine Konzerte sind ausverkauft, er wird von den wichtigen Festivals gebucht, sein aktuelles Album "Vom Vintage verweht" ist gerade auf Platz neun der Charts eingestiegen, aber im deutschen Radio kommt Dendemann nur selten vor.

"Mir ist es schon passiert, dass ein Moderator kurz den Refrain anspielt und dann wieder ausblendet. Als ich ihn frage: 'Warum lässt du nicht weiterlaufen?' antwortet er: 'Nee, wir spielen dich hier nicht. Aber cool, dass du da bist.'" Dendemann sitzt vor einem n-joy-Studio im NDR-Funkhaus. Dort wird er gespielt, auf NDR 2 nicht. "Da bestehe ich den Hausfrauentest nicht", sagt er und zieht sich seine Baseballkappe noch etwas tiefer ins Gesicht.

In die Mainstream-Programme hat Dendemann es nie geschafft. Auch vor zehn Jahren nicht, als Hamburg neben Stuttgart die Hochburg des deutschen Hip-Hop mit Jan Delays Absolute Beginner, Fünf Sterne Deluxe, Deichkind, Fettes Brot und Samy Deluxe war. "'türlich, 'türlich, sicher Digger", "Nordisch By Nature" und das "Liebeslied" plärrten aus den Autoradios und prägten den Sound der Hansestadt und der Republik. Dendemann bildete damals zusammen mit DJ Rabauke das Duo eins, zwo.

Eins, zwo zeichnete sich durch komplexere Texte aus, Gassenhauer gehörten nicht zu Dendemanns Reimrepertoire. Vielen Experten und Kritikern galt eins, zwo damals als die beste Hip-Hop-Combo der Stadt.

Während Jan Delay, Fettes Brot und Deichkind sich stilistisch verändert haben und immense Erfolge feiern konnten, blieb Dendemann der Alte. Ein Rapper, der persönliche Erfahrungen und Beobachtungen mit viel Wortwitz in verschachtelte Texte zu formen weiß.

Nur mit dem Begriff Hip-Hop möchte er am liebsten nicht mehr in Verbindung gebracht werden: "Früher galt Hip-Hop als cool, heute bringt er dir nur Nachteile, weil der Begriff für alles Mögliche benutzt wird." Und weil die aktuellen Aushängeschilder des deutschen Hip-Hop-Typen wie Bushido und Sido sind, Rapper, die nach US-Vorbild auf Gangsta machen und deren Texte vor Gewalt und Sexismus triefen.

Eigentlich mag Dendemann gar nicht mehr über Bushido und die Berliner Szene sprechen. Er ist es leid, sich zum Zustand des deutschen Hip-Hop zu äußern. "Es kann doch eigentlich nicht sein, dass etwas technisch so Schlechtes so erfolgreich ist", sagt er. "Wenn ich von Journalisten höre, dass Bushido nicht auf den Kopf gefallen sei, antworte ich denen immer: 'Da seid ihr auf die Feldbusch-Nummer reingefallen: fünf Jahre dumm stellen, und anschließend wird dir jeder normale Halbsatz hoch angerechnet.'"

Dendemann versteht sich als "Unikat": "Ich muss meine eigene Schublade aufziehen", sagt er selbstbewusst, "ich habe sie einfach Dendemann genannt." Ein Name, der vor allem für seine Qualität als Live-Performer steht. Die Bühne ist sein Ernstfall, hier fühlt er sich wohler als im Studio. "Erst auf der Bühne werden die Energien frei, die meiner Sprache und meinen Texten den nötigen Ausdruck verleihen", glaubt er. Die Texte der neuen Platte kreisen um Selbstfindung und Selbstdarstellung, um die Erinnerung an die Zeiten, als Vinyl noch als schwarzes Gold galt.

Morgen tritt der herbeigesehnte Ernstfall wieder ein. Dann wird Dendemann auf der Bühne der ausverkauften Fabrik stehen. Mit Augen geschlossen, hoch konzentriert, um die gewaltigen Textmengen mit Tempo, Rhythmus und rauer Stimme ins Mikro zu rappen.