Chava Alberstein gab ein berührendes Konzert mit jiddischen Liedern

Hamburg. Auf der Bühne wirkt sie ungeheuer winzig und zerbrechlich. Doch wenn Chava Alberstein, die wichtigste Sängerin und Komponistin Israels, ihre Stimme erhebt, stockt den Besuchern der Laeiszhalle der Atem. Es sind Melodien aus denen Wehmut, Heimweh und eine endlose Sehnsucht nach Frieden spricht, die sie mit einem warmherzigen Timbre vorträgt. Dazu lächelt Chava Alberstein milde durch ihre Brillengläser. Manchmal legt sie die Gitarre aus der Hand, um eine kleine, liebevolle Ansage zu tätigen.

Die geht etwa so: "Zwei Menschen sitzen in einer leeren Bar. Sie hoffen auf Gesellschaft, doch am Ende sind sie immer noch allein." Hier bricht die Rede ab. Alberstein lächelt wieder ihr geheimnisvolles Lächeln und hebt mit dem Lied an. Andere Geschichten, die sie besingt, handeln vom Pfau als Symbol für die Liebe und das Glück oder von zwei Paaren, die sich in der Fremde beim Kartenspiel auf dem Balkon in die ferne Heimat zurückträumen. Es sind kleine, liebenswerte Begebenheiten des Alltags. Ihr Gesang, besonnen, manchmal sogar fröhlich, häufig melancholisch, aber nie larmoyant, wechselt zwischen Hebräisch und Jiddisch.

Musikalisch abwechslungsreich wird sie dabei im ersten Teil von den Gitarristen Oved Efrat und Eran Weitz sowie Perkussionist Avi Agababa flankiert. Viele Melodien haben eine osteuropäische Färbung. Das Schicksal der Juden Osteuropas liegt Chava Alberstein, die selbst in Stettin zur Welt kam, in ihrem künstlerischen Schaffen besonders am Herzen.

Nach der Pause zieht sich die Band zurück. Die Bühne gehört den Hamburger Symphonikern unter Dirigent Stanislav Vavrinek. Das Orchester begleitet die 62-jährige Grande Dame des israelischen Chansons bei der Uraufführung eines Medleys zehn jiddischer Lieder, die sie in den vergangenen zwei Jahren geschrieben hat. Glanzstücke wie "Oy Meydl, Meydl" oder die Trauerode "Lemele" sind darunter. Das orchestrale Arrangement nimmt ihnen das Volkstümliche und verleiht ihnen fast einen Schubert-Gestus. Das Publikum quittiert diese außergewöhnliche Darbietung mit Standing Ovations.

Unverständlich, dass es bis zu Chava Albersteins erstem Hamburg-Besuch so lange gedauert hat.