Manche Maler erfinden ihr eigenes Licht, eines, das es in der Natur nicht gibt. "Dieses Licht ist ihr Gedanke in Bezug auf die Welt: So sehe ich die Welt." Dieser Gedanke kommt dem niederländischen Schriftsteller Cees Nooteboom, als er 1979 die große Edward-Hopper-Retrospektive im New Yorker Whitney-Museum besucht. Eines der geheimnisvollsten Bilder, denen er dort begegnet, ist Hoppers 1952 gemaltes Frauenporträt "Morning Sun". "Die Frau ist allein: Alles in ihrem Gesicht deutet darauf hin. Das ist das Rätsel."

Sie ist allein, beobachtet und schaut hinaus, und wir sehen sie trotzdem und blicken hinein in ein geschlossenes Universum. "Das ist nicht nur geheimnisvoll, das ist beängstigend", meint Nooteboom, der das merkwürdige und fast magische Licht mit den rätselhaften Lichtstimmungen in den Werken seines Landsmanns Jan Vermeer van Delft in Beziehung setzt. "Das Rätsel des Lichts" heißt ein großer Kunstband, in dem Nooteboom seine Lieblingswerke vorstellt - von Vermeer, Rembrandt und Bruegel bis hin zu Anselm Kiefer und Neo Rauch.

Cees Nooteboom: "Das Rätsel des Lichts. Kunststücke". Schirmer/Mosel, 49,80 Euro