Öffentlich-rechtliche und auch private Sender vermitteln inzwischen auf unterhaltsame Weise Bildung für alle Altersgruppen.

Hamburg. Sollten Studienräte auf den Nobelpreisträger Werner Heisenberg nicht gut zu sprechen sein, hat das seinen Grund. Der Entdecker der Heisenbergschen Unschärferelation hat mal gesagt: "Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn man alles, was man in der Schule gelernt hat, vergisst." Ein Großteil jenes Wissens, das man nicht in der Schule gelernt hat, stammt aus Zeitungen und Zeitschriften, aus Büchern, aus dem Internet und natürlich aus dem Fernsehen.

In seiner Frühzeit in den Fünfzigern sollte das Medium hierzulande ausdrücklich "zur Gesundung der Volksseele" (Adolf Grimme) beitragen. Das ist zwar lange her, aber Bildung gehört neben Information und Unterhaltung nach wie vor zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und seit die kommerzielle Konkurrenz entdeckt hat, dass Wissen nicht nur Spaß macht, sondern auch ordentliche Marktanteile bringt, kann man dank Sendungen wie "Galileo" (ProSieben) oder "Clever" (Sat.1) auch bei den Privatsendern was lernen. Die Frage ist bloß: Tut man das auch?

Die Meinungen gehen auseinander. Ranga Yogeshwar, der wohl bekannteste Wissenschaftsjournalist des deutschen Fernsehens, hält die Wirkung des Mediums für überschätzt: "Das Fernsehen aber plätschert vor sich hin; es ist ihm völlig egal, ob ein Zuschauer innerlich vielleicht längst abgeschaltet hat." Yogeshwar hat das Wissenschaftsfernsehen mit der Magazinreihe "Quarks & Co." (WDR) zu seiner Blüte gebracht. In "Wissen vor 8" (im Vorabendprogramm der ARD) gelingt ihm sogar das Kunststück, komplexe Sachverhalte in 150 Sekunden zu erklären. Auf diesen Wissensbissen basiert auch sein soeben erschienenes Buch, "Sonst noch Fragen?" (Kiepenheuer & Witsch), in dem er lehrreich und kurzweilig typischen Alltagsphänomenen auf den Grund geht: Warum bekommen Frauen kalte Füße? Wie entsteht Muskelkater? Solche Themen kommen den Erwartungen einer Zielgruppe entgegen, die von "Galileo" geprägt worden ist. Für das ProSieben-Magazin hat Yogeshwar allerdings nur Kritik übrig: "Es vermittelt ein völlig verzerrtes Bild von der Realität. Für die Zuschauer sind Wissenschaftler junge Männer, die sich im Parka und unter Einsatz ihres Lebens auf hochdramatische Weise der Forschung verschrieben haben."

Außerdem findet im Fernsehen kein interaktiver Prozess statt. Wie vor 50 Jahren, als die Redakteure das Medium als Volkshochschule betrachteten, bleibt Wissensvermittlung einseitig - ob es sich wie bei "Galileo" um informative Unterhaltung oder wie bei "Abenteuer Wissen", "Abenteuer Forschung" (beide ZDF) und dem Kindermagazin "Wissen macht Ah!" (WDR/Kika) um unterhaltende Information handelt.

Tatsächlich haben sich die Angebote von ARD und ZDF unter dem Konkurrenzdruck von RTL & Co. enorm gewandelt. Dass die Mainzer ihre Wissensmagazine immer noch und mit Erfolg zur besten Sendezeit ausstrahlen, ist durchaus keine Selbstverständlichkeit; "W wie Wissen" (ARD) etwa läuft sonntags gegen 17 Uhr.

Anders als Yogeshwar bricht Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft, eine Lanze für ProSieben: Mit der täglichen Ausstrahlung von "Galileo" habe sich der Sender "um einen jüngeren, populäreren Zugang zu Wissen und Wissenschaft verdient gemacht, zumal sich die Redaktion um eine einfallsreiche Ästhetik bemüht." Im Unterschied zu "Galileo" hätten die Formate des ZDF allerdings insgesamt einen strengeren Zugang zur Wissenschaft.

Arens ist überzeugt, dass Fernsehen Wissen vermitteln kann - unter bestimmten Bedingungen: "Nur wer fasziniert ist, lernt auch. Wir dürfen kein akademisches Programm machen, sondern müssen moderne Filme anbieten." Deshalb werden anspruchsvolle Themen in der ZDF-Reihe "Terra X" (sonntags, 19.30 Uhr) durch Spielszenen attraktiv verpackt; so haben die Angebote mitunter mehr Ähnlichkeit mit einem Spielfilm als mit der klassischen Dokumentation. Ginge es nach Arens, müsste Wissensfernsehen noch stärker aufgewertet werden: "weil Wissen und Bildung neben Gerechtigkeit eine Pflichtleistung der Gesellschaft sind, und für diese Inhalte beim Fernsehen stehen zu dürfen, ist ein großes Privileg."

"Terra X: Imperium", So 19.30 Uhr ZDF