Atom Egoyans “Chloe“ mit Liam Neeson und Julianne Moore ist ein starker Film, der spannend mit dem Thema Eifersucht spielt.

Atom Egoyan ist einen langen Weg gegangen. Aus dem intellektuellen Autorenfilmer mit seinen kryptischen Plots und weitgehend unbekannten Schauspielern ist ein Remake-Regisseur geworden, der mit Weltstars wie Julianne Moore und Liam Neeson dreht - und der jetzt in einem luxuriös ausgestatten Film ein konventionelles Erotikdrama bebildert. Doch halt: "Die Eulen sind nicht, was sie scheinen", um mal mit David Lynch, einem anderen Leinwand-Verrätseler, zu sprechen. Und so darf mit einigem Recht einer Oberfläche misstraut werden, die bisweilen aussieht, als habe die "Schöner Wohnen"-Redaktion für ein Update der "Verhängnisvollen Affäre" gesorgt, jenem "Wenn du mich nicht willst, werf ich die Hasen deiner Kinder in den Kochtopf"-Thriller mit Glenn Close und Michael Douglas.

Gemeinsam haben beide Filme jedenfalls, dass in ihnen Eifersucht eine zentrale Triebfeder des Geschehens ist. Die erfolgreiche Gynäkologin Catherine (Julianne Moore) verdächtigt ihren Mann, den Musikprofessor David (Liam Neeson), der Affäre mit einer Studentin. Deshalb beauftragt sie das Luxus-Callgirl Chloe (Amanda Seyfried), David auf die Probe zu stellen. Sie soll ihn in einem Café ansprechen und später melden, wie er reagiert hat. Für Catherine ein Weg, um wieder Kontrolle über eine Situation zu erlangen, die ihr zu entgleiten droht. Wenn er auf die Avancen der schönen jungen Frau eingeht, ist alles klar. Und wenn nicht, auch. Jedenfalls glaubt das die Mittvierzigerin, die einer Patientin den Orgasmus recht nüchtern als "reine Muskelkontraktionen" beschreibt. Bis Chloe erstmals von ihren Erlebnissen mit David berichtet und in der Folge einen immer größeren Platz in Catherines Leben einnimmt.

Eine gravierende Verwirrung der Gefühle ist noch das geringste Resultat dieser Ménage à trois, die bei Egoyan zum Material für eine Auseinandersetzung mit tatsächlichen oder vermeintlichen Wahrheiten, mit Sehnsüchten und Projektionen wird. Vor allem aber geht es hier um Macht. Um die Fähigkeit, andere zu manipulieren und ihnen dabei auch noch das Gefühl zu geben, sie hielten die Fäden selbst in der Hand. "Dies ist eine wunderbare Studie darüber, wie man von seinen Fantasien überwältigt werden kann", hat Atom Egoyan in einem Interview zu "Chloe" gesagt. Fragt sich nur, was hier Fantasie ist und was nicht. Für den Zuschauer bleibt das jedenfalls sehr lange offen.

Was bedeutet: Im Kern ist Atom Egoyan immer noch der Alte.

++++- Chloe USA/CAN/F 2009, 96 Minuten, ab 12 Jahren, R. Atom Egoyan, D: Julianne Moore, Liam Neeson, Amanda Seyfried, täglich im Abaton, Blankeneser, UCI Mundsburg; www.chloe.kinowelt.de