Am Freitag eröffnet im ehemaligen Michaelis-Krankenhaus der “Kongress für anders“, ein Ausstellungskonzept im klinischen Raum mit Illustrationen, Gemälden und Skulpturen von über 100 Kunstschaffenden.

Hamburg. An der Wand hängt ein Waschbecken, auch die Schränke und Ablagen waren mal weiß. Jetzt sind sie es nicht mehr, das Dienstzimmer des ehemaligen Michaelis-Krankenhauses ist von oben bis unten mit dicker schwarzer Farbe bemalt. Das Illustratoren-Duo "Zweierlei" hat dem Raum sein neues Gepräge gegeben, wir sehen Linien, Wörter und Gesichter. Von morgen an bis zum 30. April. Dann endet der "Kongress für anders", der die ausrangierte Nervenheilanstalt und Facharztklinik für knapp eine Woche zu einem Zentrum der genreübergreifenden Kunst macht.

Dabei ist noch unverkennbar, was das hier einst war: Die Orientierungsschilder führen den Besucher auf Station 1 oder 3, und über dem Zugang zur Küche steht: "Zutritt nur für Küchenpersonal". Man läuft mit weit geöffneten Augen über Linoleum, während auf den fünf Etagen des Gebäudes emsiger Verkehr herrscht: Die Künstler und Aussteller schleppen einen Tag vor Beginn des "klinischen Experiments", wie Claudia Fischer-Appelt (42), Projektentwicklerin im Kulturbereich, augenzwinkernd in ihrem Ankündigungstext schreibt, ihre Exponate an den außergewöhnlichen Galerie-Raum.

Dabei gibt es zwei Modi operandi, mit denen die Kunst die Klinik in Beschlag nimmt: Entweder sie prallt auf den artfremden Ort, oder sie nimmt sich seiner an und schmiegt sich an ihn. In einer weiß gekachelten Kammer stehen Blumen in Vasen: unverkennbar ein Krankenhaus-Ding. Die bunten Bilder und ballartigen Gegenstände im Kühlraum wirken gerade deswegen, weil sie an diesem Ort eigentlich so gar nichts verloren haben. In der Küche wird übrigens eine Lesung stattfinden. Lesestoff gibt es genug: Arztromane. Bequeme Bestuhlung gibt es nicht, trotzdem wurde alles herangeschafft, auf dem man irgendwie sitzen kann. Im OP-Raum werden sich auch DJs breitmachen. Es sollen Partys steigen. "Wichtig ist der übergreifende Ansatz: Auf dem 'Kongress für anders' gibt es viele Kontexte und alle Freiheiten. Es geht um kulturelle Offenheit und Spontaneität", erklärt Fischer-Appelt.

Es gibt Illustrationen zu sehen und Gemälde, Skulpturen und vieles mehr. Beteiligt sind über 100 Kunstschaffende, darunter etliche namhafte. Eröffnung ist am Freitag um 19 Uhr. Dann startet auch der Verkauf der Werke von 23 Hamburger Künstlern, organisiert wird dies vom Kunsthaus Hamburg und Claus Mewes.

Für die Ewigkeit ist übrigens nichts: Der von der Kunst okkupierte Raum wird bald einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Dann werden hier Eigentumswohnungen entstehen. Sie sollen, so hört man, begehrt sein - es ist bereits keine mehr zu haben.

Das Programm des "Kongresses für anders" steht im Internet unter www.kongressfueranders.de