Wenn Khaled westlichen Pop mit traditioneller arabischer Musik kombiniert, feiert die algerische Community stolz - und auch die Europäer tanzen.

Hamburg. Wenn sich der algerische Popstar Khaled ankündigt, ist in der Fabrik nichts mehr wie gewohnt. Der Einlass wird streng kontrolliert. Getränke gibt es nur aus Plastikbechern. Die Stimmung kocht schon vor Beginn des Konzertes. Junge Männer tragen stolz algerische Nationalflaggen um die Schultern und fotografieren sich gegenseitig. Khaled, der bekannteste Vertreter des Raï, einer Mischung aus westlichem Pop und traditioneller arabischer Musik, garantierte Mitte der 90er- bis Anfang der 2000er-Jahre ausverkaufte Hallen und gigantische Stimmung. Mittlerweile ist Khaled 50. Aber Zeit ist Schall und Rauch, wenn man der König des Raï-Pop ist.

Die siebenköpfige Band schnurrt ein rhythmisches Intro, und dann kommt er. Langsamen Schrittes, wie ein Herrscher, der sich seinen jubelnden Untertanen nähert. Von seiner Strahl- und Sangeskraft hat Khaled nichts eingebüßt. Er präsentiert seine schönsten Lachfalten und wickelt seine wieder zahlreich erschienenen Anhänger in einen Teppich aus musikalischer Wärme, die jedem Nordeuropäer die Schuhe auszieht.

Die Musik ist die pure Verführung zum Tanz. Über der arabischen Perkussion quietschen die Keyboards, der Bass wummert, zwei Gitarristen dengeln in allen Variationen. Khaled hat mit "Liberté" ein von der Kritik wohlwollend aufgenommenes neues Album im Gepäck. Doch naturgemäß bejubelt die Menge die Klassiker, die sie lautstark mitsingen kann. Und die keine Patina angesetzt haben. Die Tanzhymne "Chebba" oder den vom Produzenten Don Was massenkompatibel getrimmten Hit "Didi" von 1992, nicht zu vergessen die Liebesschnulze "Aïcha".

Junge Männer werfen ihre Flaggen auf die Bühne und jauchzen, als der Meister sie sich über die Schultern legt. Dunkelhaarige Schönheiten schmachten ihr Idol von der ersten Reihe aus an. Mehrere Männer stürmen die Bühne, umarmen den verdutzten Sänger und überreichen Blumen, bevor sie von der nervösen Security abgeführt werden. Khaled lässt das alles gelassen und lächelnd über sich ergehen. Aber so funktioniert das erstaunliche Wunder der Musik. Sie verbindet Alt und Jung, Europäer und Araber - wirklich alle.