Hamburg. Als Prolog flimmert eine Szene aus "Kinder des Olymp" über die Wand. Der schöne Baptiste erklärt der schönen Garance seine Liebe, Garance erklärt ihm, Liebe ist was für Romane, nicht für die Wirklichkeit.

Wie schwer das immer noch und immer wieder ist mit der Liebe und der Wirklichkeit, wie Schönheit und Vergnügen im Clinch liegen mit unausweichlicher Ernüchterung und dem Verrinnen der Zeit, soll uns anschließend die Inszenierung des Oratoriums "Il Trionfo del tempo e del disinganno" lehren, die Matthias Engelmann als Diplomarbeit an der Theaterakademie Hamburg ersonnen hat. Am Sonntag war in der Opera stabile Premiere.

Das 1707 in Rom uraufgeführte Stück ist ein Meisterwerk des erst 22-jährigen Händel; man verlässt die Aufführung wie besoffen von all den leidenschaftlichen, im Lauf des Abends immer besser gesungenen Arien und von der vor Affekten überbordenden Musik, die die Hamburgische Händel Compagnie (Leitung: Henning Kaiser) mit Herzblut, fast draufgängerisch, spielt.

Vier Figuren schickt Händel singend in den Wettstreit: Schönheit (Rebekka Reister), Vergnügen (Diana Schmid), Zeit (Daniel Jenz) und Ernüchterung (Anne Catherine Wagner). Engelmann hat dieses Personal um acht nahezu stumm bleibende Figuren so ergänzt, dass sich sechs (wechselnde) Paare bilden. Bis zum Schluss hält uns eine zugleich archaische und artifizielle erotische Spannung in Atem. Die Bühne ist eine Art Tanzstundenkaffeehaus, ein großer, schief hängender und halb blinder Spiegel dient als Projektionsfläche für Sehnsüchte und Selbstbilder. Der launische Magnetismus aus Anziehung und Abstoßung zwischen Mann und Frau tobt sich in teilweise seltsam ritualisierten Gesten und Tanzbewegungen (Choreografie Sven Niemeyer) aus. Und man spürt: Hier spielt jeder auch mit Fragmenten aus dem eigenen Leben.

Nächste Vorstellungen: Heute, 15., 17., 19. und 21. April, 20 Uhr