Flo Peters zeigt in ihrer Galerie 100 Jahre alte Fotos von Herbert G. Ponting mit der gescheiterten Polarmission von Robert Scott.

Hamburg. Zu den Männern, die am 1. Juni 1910 an den West India Docks in London an Bord der "Terra Nova" gingen, um unter dem Kommando von Robert Falcon Scott den Südpol zu erobern, gehörte auch der Fotograf und Kameramann Herbert Ponting (1870- 1935). Der 40-Jährige hatte viel Gepäck bei sich: mehrere schwere Plattenkameras und Kisten voller Glasplatten und Labormaterial. Dabei hätte er es eigentlich viel leichter haben können - schon um 1900 hatte George Eastman die handlichen Rollfilmkameras auf den Markt gebracht. Doch Ponting war Perfektionist und wusste, dass er nur mit großformatigen Glasplatten gestochen scharfe Fotografien aufnehmen konnte.

Dass sich dieser Aufwand enorm gelohnt hat, beweist eine faszinierende Ausstellung, die jetzt unter dem Titel "Herbert G. Ponting. Die Eroberung des Südpols" in der Flo Peters Gallery im Chilehaus zu sehen ist. Pontings ebenso große wie großartige Fotografien sind brillant komponiert und gestochen scharf. Selbst kleinste Details wie Zeichnung und Struktur von Eisbergen lassen sich vorzüglich erkennen. Vor allem aber erzählen diese manchmal fast räumlich anmutenden Fotografien die bewegende Geschichte der gescheiterten Terra-Nova-Expedition, bei der Scott und vier seiner Begleiter Ende März 1912 starben.

Etwa vier Monate zuvor hatte Ponting Scott in dessen Schiffskabine noch einmal porträtiert: Der Expeditionsleiter sitzt auf seinem Bett an einem Wandtisch, die linke Hand hält eine Tabakspfeife, die rechte einen Bleistift, mit dem er in sein Tagebuch schreibt. Die Kabine ist eng, wirkt aber dennoch einigermaßen wohnlich. An den Bretterwänden hat Scott mit Reißzwecken eine Pfeifensammlung und Fotos von Familienangehörigen befestigt, in den Regalen stehen Bücher und liegen Kleidungsstücke, unter dem Bett lagert ein Koffer. Jede noch so kleine Einzelheit in diesem vielleicht letzten Porträt des gescheiterten Entdeckers ist genau zu erkennen.

Neben fast intimen Porträts, die immer zugleich Charakterstudien sind, hat Ponting vor allem die großartige antarktische Eislandschaft und den entbehrungsreichen Alltag der Expeditionsteilnehmer dokumentiert.

Dabei gelangen ihm grandiose Kompositionen: Bilder von bizarren Packeisformationen, Durchblicke durch geheimnisvoll sich öffnende Grotten, Schneewüsten, in denen Mensch und Schiff unendlich verloren erscheinen, und Perspektiven von Eisbergen, die kastellartig in die Weite des Himmels ragen.

Zwei Jahre lang war Ponting Mitglied der Mannschaft. Aus Altersgründen nahm er Anfang 1912 nicht mehr an der letzten Phase der Expedition teil, bei der Scott erst erfahren musste, dass der Norweger Roald Amundsen den Südpol vor ihm erreicht hatte, und dann auf dem Rückweg zu seinem Basislager den Tod fand.

Als Ponting im Februar 1912 mit der "Terra Nova" nach London zurückkehrte, hatte er 1700 Aufnahmen im Gepäck, einzigartige Bilddokumente einer legendären wissenschaftlichen Expedition.

Dass uns die Fotos der Hamburger Ausstellung auch nach knapp 100 Jahren noch so stark berühren, liegt auch an ihrer vorzüglichen Printqualität, wofür das aufwendige und teure Platinum-Druckverfahren genutzt wurde. Der belgische Verleger Salto Ulbeek hat in seinem Labor die Glasplattennegative restauriert und Matrizen in der Originalgröße der Bilder hergestellt. Für manche der Fotografien waren bis zu sechs Matrizen notwendig, um jedes Detail der kontrastreichen Motive der Eiswelt sowohl in den dunklen als auch in den strahlend weißen Partien sichtbar zu machen.

Für den Hamburger Fotografen F.C. Gundlach sind Pontings Fotografien ein beeindruckendes Beispiel für die großen Möglichkeiten, mit historisch-analogem Material umzugehen und dieses zu revitalisieren. "Es ist faszinierend, dass man aus 100 Jahre alten Negativen heute solche eindrucksvollen Fotografien herstellen kann", sagt Gundlach, und fügt hinzu: "Ich bezweifle, dass man nach dem heutigen Entwicklungsstand der digitalen Speichermedien in 100 Jahren noch Datensätze finden wird, die printfähig sind."

Flo Peters Gallery, Chilehaus C, Pumpen 8, bis 9. Mai, Mo-Fr 12-18, Sa 11-13 Uhr geöffnet