Hamburg. Die Stimmung ist gut unter den Galerien im Kontorhausviertel. Dort, wohin sich einst nur wenige Galerien wagten, sind mittlerweile über zehn anzutreffen. Von der Galerie Renate Kammer im Münzviertel über die Galerie PopArtPirat unweit des Chilehauses bis hin zu White Trash Contemporary nahe der Nikolaikirche werben sie für junge Kunst. Heute Abend laden sie zum Rundgang mit Eröffnungen, Filmangebot und Künstlergesprächen.

Ins imaginäre Afrika entführt White Trash Contemporary seine Besucher. Künstler Julien Rouvroy musste nicht weit reisen, um den einst als exotisch gepriesenen Kontinent anzutreffen. Im Brüsseler Musee Royal de l'Afrique Central traf er auf Dioramen mit dramatisch inszenierter Afrika-Fauna. Rouvroy dienten sie als Vorlage seiner Tiergemälde, in denen er die inszenierte Natur als Projektionen der ehemaligen Kolonialmächte zurückführt.

Ausstellungseröffnungen gibt es heute bei weiteren fünf Galerien. Mikiko Sato folgt unbeirrt ihrem Pfad mit meditativ zeitgenössischer japanischer Kunst. Unter dem Motto "Ein Wasser, vier Sichtweisen" zeigt sie Arbeiten von Shinsaku Horita, kühle Reminiszenzen an den Norden seines Landes. Nebenan bei Carolyn Heinz präsentiert Astrid Köppe ihre piktogrammartigen Bilder und Emaillen mit imaginären Einzellern oder anderem haarigen Getier. Gegenüber, bei Melike Belir, wartet eine Gruppenausstellung mit Zeichnungen auf die Besucher, während die Galerie Conradi eine Einzelschau mit Suse Bauer ausrichtet. "Alles, was von mir ,ich' genannt wird" nennt sie die Schau ihrer in Komposition gelegentlich an frühe Avantgarden erinnernden Bilder. Schon seit geraumer Zeit eröffnet ist bei Borchart die Schau des Hamburger Grafitti-Künstlers Heiko Zahlmann. Mehr über Zahlmann, der mit dem höchsten Graffito der Welt zu Guinness-Ehren kam, verspricht heute die Künstlerdokumentation "3D" von Boris Castro. Sie dokumentiert Zahlmanns Aufbruch in die 3. Dimension, die Verwandlung des Graffito ins Plastische.

Schließlich erwarten die Rundgänger noch zwei Ausstellungen mit Fotografie. Ganz auf Schwarz-Weiß hat sich Robert Morat mit "Zeitgenössischen Positionen in der Schwarz-Weiß-Fotografie" eingestellt. Zudem zeigt er "L.A. Drive By" des Hamburger Fotografen Michael Lange, großformatige Aufnahmen aus dem fahrenden Auto heraus geschossen. Für Lange bedeutete der L.A.-Trip auch eine Begegnung mit sich selbst "an den dunklen furchterregenden Orten meiner Angst".

Eine Überlagerung von Vergangenheit mit Gegenwart versucht Dirk Brömmel bei Hengvoss-Dürkop. Historische Privataufnahmen der Villa Tugendhat, einem Mies van der Rohe-Bau in Brünn, Tschechien, überblendete er mit eigenen Fotografien der heute öffentlich zugänglichen Villa.