Dee Dee Bridgewater verneigt sich beim dem Hamburger Konzert am 12. April in der Laeiszhalle vor ihrem Idol Billie Holiday.

Es sind komische Früchte, die Billie Holiday in ihrem Song "Strange Fruit" besingt. Was da im Wind schwingt, sind nicht Äpfel oder Orangen, sondern Körper. Schwarze Körper. Blutig geschlagene Körper von Afroamerikanern, die in den Südstaaten weißer Lynchjustiz zum Opfer gefallen sind. Wenn Billie Holiday in den Musikklubs der großen US-Städte wie New York, Philadelphia oder Baltimore auftrat, wollten die Klubbesitzer ihr verbieten, dieses Lied zu singen. Doch "Lady Day", wie sie genannt wurde, war das egal. "Strange Fruit" war ihre vergleichsweise harmlose Waffe, mit der sich die Jazzsängerin gegen die Diskriminierung wehrte, unter der sie zeitlebens gelitten hat.

Dee Dee Bridgewater hat "Strange Fruit" an das Ende ihres vor wenigen Wochen erschienenen Albums "Eleonora Fagan - To Billie With Love From Dee Dee" gesetzt. Es ist ein Ausrufezeichen am Ende einer Platte, auf der eine der aktuell herausragenden US-amerikanischen Jazz-Sängerinnen eine Legende würdigt. Ein Werk, das mehr ist als nur ein Best-of-Programm mit all den Standards und Klassikern, die Billie Holiday bis zu ihrem jämmerlichen Tod im Juli 1959 gesungen hat und die sie zur Ausnahmeerscheinung des vokalen Jazz gemacht haben. Es gibt keine andere Jazzkünstlerin, die sich so intensiv mit Leben und Werk von "Lady Day" auseinandergesetzt hat wie Dee Dee Bridgewater. Ende der 80er-Jahre spielte die 1950 in Memphis geborene Bridgewater die Titelrolle in dem Musical "Lady Day", das mit riesigem Erfolg in Paris und London lief, jedoch nicht am New Yorker Broadway. "Am Ende des Gastspiels in London hatte ich Billies Stimme. Sie hatte regelrecht von mir Besitz ergriffen", sagt sie.

Als Dee Dee Bridgewater das aktuelle Album vorbereitete, wollte sie die im Alter von 44 Jahren an Leberzirrhose gestorbene Holiday nicht imitieren, sondern einen neuen Zugang zu ihrer Musik finden: "Ich wollte, dass die Songs nicht düster und rührselig klingen, sondern moderner." Ihr Pianist Edsel Gomez hat für Nummern wie "Lover Man", "Lady Sings The Blues", "God Bless The Child" und eben "Strange Fruit" neue Arrangements geschrieben, Dee Dee versammelte im Studio eine All-Star-Band um sich, zu der James Carter (Saxofon), Christian McBride (Bass), Lewis Nash (Schlagzeug) und Gomez selbst gehören. Bei diesen Sessions ist ein Album mit vielfältigen Stimmungen entstanden, die der Ikone und ihrem von Heroin und Alkoholsucht geprägten und tragisch verlaufenden Leben gerecht wird. Doch "Eleonora Fagan", das war Billie Holidays Geburtsname, ist auch ein Stück zeitgenössischer Jazz, Holidays Musik aus den 40er- und 50er-Jahren verbleibt nicht in der Tradition. Selten ist "Lady Day" mehr Respekt in einer Hommage entgegengebracht worden.

Wenn Dee Dee Bridgewater für eine Handvoll Konzerte nach Deutschland kommt, werden die meisten dieser exquisiten Musiker zu ihrer Liveband gehören. Edsel Gomez arbeitet bereits seit Jahren mit der Sängerin zusammen und ist ihr musikalischer Vertrauter. Aber auch James Carter, einer der kreativsten und wildesten Saxofonisten der Gegenwart, wird am 12. April in der Laeiszhalle mit auf der Bühne stehen. Lediglich die Rhythmusgruppe musste Dee Dee neu engagieren. Für die gefragten Christian McBride und Lewis Nash sind Gregory Hutchinson am Schlagzeug und Stefan Lievestro am Bass dabei, beide ebenfalls Könner. Eines der Konzerte des Jahres?

Dee Dee Bridgewater Mo 12.4., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt); Johannes-Brahms-Platz, Karten ab 32,70 Euro; www.deedeebridgewater.com