Auf einer Lesung im Literaturhaus stellen sich die Hamburger Autorinnen Elisabeth Rank, Katrin Seddig und Julia Gäbel vor.

Hamburg. Einen Seitenhieb gegen die zunächst mit Aplomb in die literarische Arena beförderte und sodann in Schimpf und Schande in die Schäm-Ecke gestellte Helene Hegemann konnte sich das Literaturhaus in seiner Ankündigung nicht verkneifen. Nein, es sei nicht nötig, Hegemann "einzuladen und über Plagiatsvorwürfe zu diskutieren, um das breitsprachige Spektrum der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur abzubilden".

Die drei in Hamburg lebenden Autorinnen Julia Gäbel, Katrin Seddig und Elisabeth Rank sollten mit ihren Debüts den Beweis antreten, dass die schöne Literatur abseits von "künstlichen Feuilletonhypes" prächtig gedeiht. Dass es derzeit vor allem um weibliche Literatur geht, ist wohl kein Zufall - es gilt, den vielerorts als unverdient empfundenen Verkaufserfolg einer 18-Jährigen ad absurdum zu führen.

Elisabeth Rank machte den Anfang, eine 25 Jahre junge Dame, die bislang als Bloggerin geschrieben hat und in "Und im Zweifel für dich selbst" (Suhrkamp Verlag) einen Text vorlegt, wie er schwermütiger nicht sein könnte: Der Freund einer der beiden Hauptfiguren stirbt, und danach ist alles anders. Tonia und Lene fahren ans Meer. Die Party ist vorbei, das Erwachsenenleben klopft an. Eine Meditation über den Verlust; "How close I am to losing you", ein Vers der Band The National, hat Rank ihrem Buch vorangestellt. Sie liest schön und würdevoll, ihre sorgsam sich selbst beobachtenden Figuren wirken so somnambul wie einst die in Judith Hermanns "Sommerhaus, später". Aber ein Roadmovie, ein Generationenporträt, "das ist mein Buch nicht", sagt Rank. Ihr Verlag hat es trotzdem auf den Einband geschrieben.

Katrin Seddig, der zweiten und in Niendorf lebenden Debütantin, wäre zu wünschen, dass der Verlag (Rowohlt Berlin) ihren Roman "Runterkommen" mehr bewerben würde. Denn Seddig, die 2008 den Hamburger Förderpreis für Literatur erhielt, erzählt in einer so wundervollen Prosa vom Verfall eines Anwalts, dass der Leser nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll. Nach Ranks melancholischer Twentysomething-Tristesse ist "Runterkommen" ein interessanter Gegenpol - die Anfangsvierziger erscheinen als skurrile, egoistische und derbe Tragikomiker. Der Beste von ihnen ist Anwalt Erik. Er verliebt sich in die Putzfrau Dani, die im Nachbargarten campiert und zu Erik hinüberstarrt. Dieses Starren gefällt Erik so gut, dass er ganz prächtig erigiert. Ja, tatsächlich! Die Erregung, die Begeisterung lässt ihn zuschanden gehen. Frau und Kinder verlassen ihn, dabei sucht Erik doch nur Liebe.

Um Liebe geht es auch im gegen Seddigs Prosa etwas abfallenden Buch "Pittys Blues" (Knaus) von Julia Gäbel. Die Geschichte spielt vor langer Zeit im fiktiven Südstaaten-Örtchen Rickville, wo sich die aus dem Nichts aufgetauchte Pitty und der stille Dick ineinander verlieben. "Die Figuren sind mir einfach zugelaufen", sagt Gäbel. Benutzt hat sie die Autorin, um eine kurzweilige Dorfgeschichte mit allerlei schrägen Vögeln zu erzählen.