Die norwegische Bildreporterin Andrea Gjestvang zeigt in der Freelens Galerie faszinierende Aufnahmen aus dem Riesenland am Rand der Welt. Robben spielen in vielen Bildern eine wichtige Rolle.

Robben, immer wieder Robben. Mal hängt ein halbes Dutzend wie Mehlsäcke überm Heck eines Motorboots, das durchs Eismeer pflügt. Mal liegen zwei auf dem Fußboden einer barackenartigen Küche, mal hockt in einem Zimmer eine Frau mit blutigen Fingern über einem ausgeweideten Tier und steckt sich ein Stück rohe Robbe in den Mund. Andrea Gjestvang, 29 Jahre alte Fotografin aus Norwegen mit Wohnsitz in Berlin, hat den Alltag einiger Einwohner Grönlands im Zeitalter des Klimawandels dokumentiert und zeigt ihre überaus sehenswerte Ausbeute jetzt in der Freelens Galerie. Manche ihrer Bilder sind nichts für zarte Gemüter, aber was soll man machen als Fotografin, wenn die Wirklichkeit manchmal so eine Zumutung ist für Mensch und Tier. Dafür strahlen andere Fotos eine derartige Heiterkeit, Verbundenheit mit der Natur aus, dass man als Großstädter ganz neidisch werden kann.

Das Leben der Grönländer befindet sich in mehrerer Hinsicht im Umbruch; sie haben im vergangenen Jahr das Recht zur Selbstverwaltung erlangt und damit einen großen Schritt hin zur Unabhängigkeit von Dänemark getan. Zugleich schrumpfen infolge des Klimawandels ihre Fischgründe und Robbenjagdgebiete. Die Inuit genannten Einwohner Grönlands, deren Wirtschaft derzeit noch zur Hälfte von dänischen Subventionen abhängt, hoffen auf neuen Reichtum durch Öl und Gas. Gjestvangs Bilder zeigen auch, welchen Einfluss der Einzug zweifelhafter Segnungen der Zivilisation - Fernsehen, Plastikspielzeug, Langhanteln - auf die Menschen hat. 2008 reiste sie erstmals in die nördlichsten Siedlungen der Menschheit. Nachhaltig Anteil nehmend, kehrte Andrea Gjestvang seither wiederholt dorthin zurück. Ihre Fotoreportage "Greenland" wurde mit dem 1. Preis des norwegischen Wettbewerbs "Picture of the Year" ausgezeichnet.

Andrea Gjestvang "Greenland", Eröffnung Do 8.4., 19.00, Ausstellung bis 28.5., Mo-Fr 11.00-18.00, Freelens Galerie (U Baumwall), Steinhöft 5, www.freelens.com