Maximilian Erlenweins preisgekrönter Psychothriller “Schwerkraft“ ist die Geschichte einer ungleichen Freundschaft.
Frederik Feinermann (Fabian Hinrichs) ist Bankangestellter - gepflegt, höflich, ehrgeizig, aber auch unzufrieden mit dem eingefahrenen und langweiligen Leben, das er führt. Auch dieser Morgen beginnt wie jeder andere. Frederik sieht sich in einem Beratungsgespräch gezwungen, einem Kunden den Kredit zu verweigern. Der zieht daraufhin eine Pistole und erschießt sich vor seinen Augen. Für Frederick ist plötzlich nichts mehr so, wie es vorher war. Frustriert bricht er nachts bei seinem unsensiblen und arroganten Chef ein, einfach so. Dummerweise verliert er in der Aufregung seine Kreditkarte und ist nun auf die Hilfe seines Schulfreundes Vince (Jürgen Vogel), eines Ganoven mit dicker Polizeiakte, angewiesen.
Was für ein Kick! Frederik legt fortan alle Fesseln bürgerlicher Anständigkeit ab und zieht wie befreit mit Vince durch die Nacht. Sachdienliche Hinweise, wo am meisten zu holen ist, gibt die Kundenkartei des Bankers. Endlich wagt er es auch, wieder Kontakt zu seiner Jugendliebe Nadine (bezaubernd: Nora von Waldstätten) aufzunehmen.
Überfälle als Grenzerfahrung, die dem Täter ein ungeheures Glücksgefühl verschaffen und so wieder ins Leben zurück hohlen: Maximilian Erlenwein, 1975 in Berlin geboren und Absolvent der DFFB, rückt einen angeschlagenen Mann in den Mittelpunkt, der über die Stränge schlägt, um überhaupt noch etwas zu spüren. Aber: Selbstfindung durch kriminelles Tun - dagegen hat die Polizei etwas, von moralischen Bedenken mal ganz abgesehen.
Schwer also, sich mit so einem ambivalenten Filmhelden zu identifizieren. Erlenwein löst diesen Widerspruch vor allem komisch auf, mal rabiat, mal hintersinnig, mal lakonisch, mal anarchisch. Dabei verbindet er gleich mehrere Genres - Komödie, Autorenfilm, Krimi, Liebesgeschichte - zu einem homogenen Ganzen, das sich auch immer als bitterer Kommentar zur aktuellen Bankenkrise lesen lässt.
Vor allem aber ist "Schwerkraft" die Geschichte einer ungleichen Freundschaft, getragen von zwei wundervoll-intensiven Darstellern. Erlenwein bürstet dabei die Genrekonventionen des Buddy Movies geschickt gegen den Strich. Nichts passiert so, wie man es erwartet. Beim diesjährigen Max-Ophüls-Festival gewann der Film nicht nur den Hauptpreis für den besten Langfilm, Nora von Waldstätten wurde als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet, Hauptdarsteller Fabian Hinrichs wurde zudem mit einem Sonderpreis der Jury für seine herausragende Leistung geehrt.
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Schwerkraft Deutschland 2009, 100 Minuten, ab 16 Jahren, R: Maximilian Erlenwein, D: Fabian Hinrichs, Jürgen Vogel, Nora von Waldstätten, Jule Böwe, Eleonore Weisgerber, Thorsten Merten, Jeroen Willems, täglich im Abaton; www.schwerkraft-derfilm.de