Es sieht aus wie im Bürgerkrieg. Auf der Bernhard-Nocht-Straße sind Barrikaden aufgetürmt, Gewalt liegt in der Luft. Wenn die Polizei anrückt, um die Häuser der Hafenstraßenbesetzer zu räumen, wird es zur Eskalation kommen. Aber kommt es dazu? In diesem Schwebezustand entstand im November 1987 ein berühmtes Pressefoto. Kurze Zeit später einigten sich die Hausbesetzer mit dem Senat, die Barrikaden wurden wieder abgebaut. Dieses Bild ist jetzt in einer Ausstellung des Kunstvereins zu sehen, in der mehr als 1000 Hamburger Pressefotografien von 1950 bis zur Gegenwart gezeigt werden.

"Uns Hamburg" heißt diese Schau, die alltägliche Szenen, aber auch Ereignisse wie die Flutkatastrophe von 1962 oder die Triumphe und Niederlagen des HSV dokumentiert. Die Fotografien stammen aus dem Bildarchiv der Axel Springer AG. Der ortskundige Betrachter läuft durch die Ausstellung wie über einen illustrierten Stadtplan. Man begegnet vertrauten Orten, erlebt sie aber im Kontext ihrer Geschichte. Da der jeweilige Zeitungstext, dem die Bilder ursprünglich als Realitätsnachweis dienten, in der Ausstellung fehlt, sehen wir sie mit anderen Augen, erspüren ihren ästhetischen Eigenwert.

Uns Hamburg 27.3.-24.5., Kunstverein in Hamburg (Hauptbahnhof), Klosterwall 23, Di-So 12.00-18.00; www.kunstverein.de