Hamburg. Wer ein Konzert von Mika besucht, hat ständig das Gefühl, sich entweder auf eine Karnevalssitzung oder einen Kindergeburtstag verirrt zu haben. Da tänzeln lustig gekleidete Voodoopuppen winkend über die Bühne der Großen Freiheit, die Crew trägt Knaststreifen, der Sänger nennt sich zwischendurch Dr. John und hüllt sich in einen Federmantel. Bibo aus der Sesamstraße lässt grüßen. Es regnet riesige Luftballons und Lametta.

"We Are Golden", tönt Mika mit seinem den Bee Gees abgeschauten Falsett zu barocken Dance-Beats. Kaum zu glauben, dass sich der Sohn einer Libanesin und eines Amerikaners in den Songs seiner beiden Erfolgsalben "Life In Cartoon Motion" und "The Boy Who Knew Too Much" an den Traumata seiner Jugend abarbeitet. Am Außenseiterdasein in der Schule und dem folgerichtigen Zusammenbruch. Vergangenheitsbewältigung auf der Bühne als Selbsttherapie. Sie funktioniert.

Sichtlich gefällt sich Mika darin, eine keimfreie Projektionsfläche für Teenager zwischen zehn und zwölf Jahren zu bieten. Von bedrohlicher Libido ist hier weit und breit keine Spur. Von Herzen in Aufruhr natürlich schon. Vor allem, weil Mika in "Big Girl (You Are Beautiful)" so sympathisch davon singt, wie toll er Frauen findet, die sich nicht dem Magerwahn ergeben haben. Oder fast so schmachtend wie Elton John in "Blue Eyes" schwelgen kann.

Mika versteht sich aufs Entertainment. Nur eben ganz anders als ein Robbie Williams. Er gibt neckische Anekdoten zum Besten und widmet einen Song einem Hund. Am besten funktionieren live noch immer Hits wie "Grace Kelly" oder der Ohrwurm "Relax". Die Balladen kommen vergleichsweise austauschbar daher. Ob es Mika mit seinem Gute-Laune-Kaugummi-Pop zu mehr als einer Fußnote der Musikgeschichte bringt, wird sich noch zeigen. Aber wer hätte sich als Kind nicht einen netten Bruder wie Mika gewünscht? Und das ist ja auch schon etwas.