Hamburg. Als Klaus Kumrow 1987 zur Documenta 8 eingeladen wurde, verblüffte er die Besucher der Weltschau für aktuelle Kunst mit einer Skulptur, die merkwürdig deplaziert erschien: In die Weite der Kasseler Auen stellte er eine Sänfte, die mit blau getönten Glasscheiben modern und zugleich anachronistisch wirkte. Später stand die Skulptur, deren offenkundige Funktionalität sich von selbst aufzuheben schien, jahrelang neben der nördlichen Deichtorhalle in Kumrows Heimatstadt Hamburg.

Am Sonntag ist der Künstler im Alter von 50 Jahren an einer Krebserkrankung gestorben.

Der gebürtige Hannoveraner, der 1980 bis 1984 an der Hamburger Kunsthochschule studiert hatte und später hier heimisch wurde, gehörte zu den namhaftesten jüngeren deutschen Bildhauern. Seit den 80er-Jahren kreierte er seine Skulpturen aus Holz, Stahl und Glas. Aquarelle, die ihm zunächst als Entwurfsskizzen für bildhauerische Arbeiten dienten, entwickelte er später zur eigenständigen Form weiter.

Eine bemerkenswerte Zusammenarbeit ergab sich im Rahmen des Hamburger Architektursommer 2000, als die Architekten Bothe, Richter, Teherani (BRT) Kumrow dazu anregten, ihre architektonischen Projekte in seine künstlerische Positionen zu übersetzen. Die geknickten, gefalteten und veränderten Fotos wirkten in ihren konstruktiv-dekonstruktiven Formen letztlich viel aufregender als ihre architektonischen Vorbilder.

Aufsehen erregte Kumrow auch 2004 mit seinem ebenso respektlosen wie feinsinnigen Umgang mit dem Werk Max Klingers bei der Einweihung des neuen Museums der bildenden Künste in Leipzig. Gleich neben Klingers gewaltigem Beethoven-Denkmal von 1902, das einen ganzen Saal beherrscht, füllte er einen Raum mit Klingers Gipsen, die er auf alten Türen und Tischen als skulptural-architektonische Landschaft arrangierte.

Kumrow, der auch abstrakte Fotoarbeiten schuf, hat nahezu bis zuletzt gearbeitet. Seine Werke sind in zahlreichen Museen vertreten, u. a. in der Berliner Nationalgalerie, im Kunstmuseum Düsseldorf und in der Hamburger Kunsthalle. In seinen letzten Lebenswochen beschäftigte er sich mit einer mehrteiligen Bronze-Serie. Der dritte Teil dieses Zyklus wird unvollendet bleiben.