Dezent von Schlagzeug und Bass begleitet, rekapitulierte die inzwischen 55-Jährige Rickie Lee Jones in der Fabrik ihre lange Karriere.

Hamburg. "Die Vorgruppe fällt heute leider aus", verkündet ein Zettel am Eingang der Fabrik. Doch wer glaubt, er käme deshalb früher ins Bett, liegt falsch, denn Rickie Lee Jones nutzt am Montagabend diese Fügung, um in aller Ausführlichkeit ihr umfangreiches Songbook aufzublättern. Singt sie die ersten Lieder noch mit geschlossenen Augen und seltsam distanziert, zaubert ihr der bisweilen kaum enden wollende Applaus bald ein Lächeln ins Gesicht.

Dezent von Schlagzeug und Bass begleitet, rekapituliert die inzwischen 55-Jährige ihre lange Karriere, die 1979 mit ihrem schlicht "Rickie Lee Jones" betitelten Debütalbum begann, und lässt immer wieder über ihre enorme musikalische Bandbreite staunen. Nach eher jazzigem Auftakt wechselt sie auf die traditionelle Singer/Songwriter-Schiene, streut eine Countrynummer ein, klingt plötzlich wie Patti Smith, um sich dann die Fender Stratocaster umzuhängen und ordentlich Tempo aufzunehmen.

Ob sie nun Klassiker wie "Chuck E. 's in Love" (eine sehr zurückgenommene Version) und "Coolsville" oder Kostproben der aktuellen CD "Balm In Gilead" vorträgt - ihre melancholisch verschattete Stimme, die sie mal aufheulen lässt wie ein Countrygirl, mal im Stil einer coolen Jazzsängerin einsetzt, ist immer unverwechselbar. Ein Markenzeichen wie Carlos Santanas Gitarrenspiel oder John Coltranes Saxofonklang.

Mittlerweile ist es spät geworden. Mehr als zwei Stunden sind verstrichen, und noch immer macht Rickie Lee Jones keine Anstalten, ihr Hamburg-Gastspiel zu beenden. Den vorzeitigen Heimweg tritt aber nur eine Handvoll Besucher an - für die die Intensität des Auftritts wohl einfach zu groß ist. - Eine Vorgruppe, die hat an diesem Abend nun wirklich niemand vermisst.