Das Musikmagazin “Spex“ feierte sich selber im Uebel & Gefährlich - live begleitet mit den bewährten Hits von Tocotronic.

Hamburg. Wenn die "Spex" zu einer Geburtstagsparty ruft, lassen sich Musiker nicht lange bitten. Seit September 1980 hält das Magazin die Fahne der intellektuellen Popkultur hoch. Früher, zu Zeiten etwa von Chefredakteur Diedrich Diederichsen noch als gedankenschwere Bleiwüste, heute unter der Regie von Max Dax als kritisches Zeitgeistmagazin mit Mode-, DVD- und Filmstrecken. Noch immer kann es für die Lektüre nicht schaden, sich in postmoderner Diskursphilosophie auszukennen.

Die neue, jüngere Generation der "Spex"-Leser versammelte sich am vergangenen Freitag im restlos ausverkauften Uebel & Gefährlich zur Geburtstagssause. Da passte es ins Bild, dass die Band Tocotronic - gute alte Hamburger Schule - den Abend für ein Release-Konzert ihres vorab mit Kritikerlorbeeren bedachten neuen Albums "Schall & Wahn" nutzte.

Den Auftritt des kanadischen Geigenwunderknaben Owen Pallett, der bis Ende 2009 noch unter Final Fantasy firmierte und unter anderem die Musik der Folk-Erneuerer The Arcade Fire mit seinem Spiel verfeinerte, bekamen viele Zuschauer wegen verzögerten Einlasses leider nur von der Garderobenschlange aus mit. Der Musiker sampelte sein eigenes Spiel und baute über Wiederholungen berückende Soundwälle auf. Mal rhythmisch minimalistisch, dann wieder als Barockoper. Die Sprödigkeit der Musik konterkariert Pallett aufs Feinste mit seiner engelgleichen Falsettstimme.

Die Umbaupause füllte "Spex"-Chefredakteur Max Dax als DJ mit Wave, Dub und ausgewählten Elektronica. "Es wird wundervoll, aber es ist doch aufregend", leitete Sänger Dirk von Lowtzow den Auftritt von Tocotronic ein. Gut aufgelegt gab das Quartett erste Live-Kostproben der herrlich wütenden Gitarrenkracher wie "Macht es nicht selbst" oder "Eure Liebe tötet mich" aus dem neuen Album "Schall und Wahn". Erst zuckten nur wenige Hände, und die Soundtechnik drohte den Gesang zu schlucken. Bei den bewährten Hits wie "Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit" und "Aber hier leben, nein danke" erwies sich die Menge dann doch als textsicher und surffreudig. Ein fröhlicher Familiengipfel der Hamburger Schule, auch wenn der eigentliche Jubilar an diesem Abend ja eine Zeitschrift war. Die "Spex"-Anhänger feierten bis in die frühen Morgenstunden weiter und ließen mit der unterkühlten Romantik des Berliner DJs Pantha du Prince die kalte Nacht ausklingen.