Arbeit ist das halbe Leben. Manchmal auch ein bisschen mehr. Der eine vergisst sein Leben darüber. Der andere lebt seinen Beruf. Journalisten tun das oft. Andreas Bernard ist Journalist beim Magazin der "Süddeutschen Zeitung". Er gehört zu der Generation junger Autoren, die der Medienbetrieb in den 1990er-Jahren in höchste Höhen katapultiert hat. Klar folgt da irgendwann der Absturz.

In seinem ersten Roman "Vorn" beschreibt Bernard genau das: Aufstieg und Fall eines Popautoren. Tobias lebt in München, jobbt im Flüchtlingsheim, bis die "anhaltende Gelassenheit, wie es nach der Universität weitergehen würde (...) einem immer größeren Unbehagen" weicht. Ihm fällt das "Vorn"-Magazin in die Hände und er weiß sofort: Da will er dabei sein.

Tobias schreibt seinen ersten Text und gehört bald zum Autorenstamm. Mehr und mehr wird er Teil des Magazins. Ein hermetischer Parallelkosmos, jenseits der realen Welt. Man bleibt unter sich. Trägt Anzüge von Helmut Lang. Fährt nur noch Taxi. Die größte Sorge ist, ob man einen Tisch im "Schumann's" kriegt. Nicht sympathisch, diese eitel-narzisstische Schickeria der Schreiberlinge, die sich selbst zum Stilwächter einer ganzen Generation ernannt hat. Aber ein stimmiges Sittenbild des Medienbetriebs.

Unschwer ist zu erkennen, dass sich hinter "Vorn" das "Jetzt"-Magazin verbirgt, das von 1993 bis 2002 als Beilage der "Süddeutschen Zeitung" für Furore in der Branche sorgte. Moritz von Uslar, Timm Klotzeck oder Benjamin von Stuckrad-Barre huschen unter anderen Namen durch Bernards Buch, das zum Schlüsselroman ebenso taugt wie zum Handbuch für junge Journalisten. Zugleich ist es eine Warnung für all diejenigen, die des Berufes wegen den Rest des Lebens vergessen.

Mit seiner Freundin Emily kann Tobias bald nichts mehr anfangen. Sie passt nicht in seine Welt des schönen S(ch)eins. Er ersetzt sie durch eine Praktikantin. Nach zwei Monaten geht die Beziehung auseinander. Tobias fällt in ein Loch. Sinnkrise. Und guter Stoff für einen Roman.

Wird es doch zunehmend schwerer, Arbeit und Leben unter einen Hut zu kriegen.

Das Problem aber an Bernards autobiografisch motiviertem Buch ist sein Stil. Figuren bleiben blass. Der Roman ist brav und ohne Herzblut geschrieben. Wenn auf dem Cover Moritz von Uslar das Buch trotzdem lobt, weil Andreas Bernard "so nah an der Normalität entlang erzählt", zeigt das vor allem eines: Die alten Seilschaften des "Süddeutsche"-Kosmos funktionieren noch. Popautoren hypen sich gegenseitig. Peinlich!

Andreas Bernard: Vorn. Aufbau-Verlag, 250 S., 16,95 Euro