Vor allem der weibliche Teil der Zuhörer seufzte beim Konzert der Tindersticks im rappelvollen Uebel & Gefährlich.

Hamburg. Mitten in der Zeile bricht die Stimme ab. "Es ist der Wein, der mich traurig stimmt, und nicht die Liebe, die ich nie hatte", stöhnt Tindersticks-Sänger Stuart A. Staples, die Stimme verschattet, die Augen geschlossen in "Factory Girls". Ein Bild grenzenloser Hingabe. Vor allem der weibliche Teil der Zuhörer im rappelvollen Uebel & Gefährlich seufzt. Ja, inzwischen heult auch Stuart Staples nicht mehr in ein Pint voll Bier - seit über zwei Jahren residiert er im französischen Limousin und hat den Rotwein für sich entdeckt.

Passt aber mindestens ebenso gut zu dem notorischen Großmelancholiker aus Nottingham. Mit seinen akkurat gesäbelten Koteletten und den Nadelstreifen überm Karohemd verströmt er auf der Bühne die Eleganz eines Gentlemans, der aus der Zeit gefallen ist. Staples ist schon mit Mitte 40 bei der Grandezza eines Leonard Cohen angekommen.

Auch auf den Liedern des zehnten Albums "Falling Down A Mountain" - zählt man die Filmscores mit - tropft das Scott Walker abgeschaute Pathos aus jeder Note. Im Titelsong dominieren in epischen sechs Minuten jazzige Rhythmen, sehnsüchtig seufzendes Saxofon, später sind auch Gitarren im Wettstreit, Piano, Rasseln, Tamburin und manchmal auch Staples' quäkende Melodica zu hören. Kammerfolkpop-Balladen wie "Keep You Beautiful" ergänzen sich mit wahren Stimmungskrachern wie "Black Smoke" oder "She Rode Me Down" mit seinen rasselnden Kastagnetten und der Flamencogitarre. Und wer kann über die Vorliebe einer begehrten Person für "Peanuts" ein so ironisches Liebeslied entwickeln? Für ihre Tour haben sich Staples, Keyboarder David Boulter und Gitarrist Neil Fraser noch um vier Gastmusiker verstärkt. "Die Bühne ist ein bisschen klein für uns, aber dafür ist der Empfang warmherzig", sagt der extrem wortkarge Sänger, und es huscht doch noch so etwas wie ein Lächeln über sein Gesicht.