Das Magazin “Stern“ will in der in der “Bunte“-Affäre nachlegen. Patricia Riekel lässt die Bertelsmann-Chefin Liz Mohn umschmeicheln.

Sie werde nachlegen, hatte die Chefredaktion des "Stern" vor ein paar Tagen verkündet. Und das hat sie nun auch getan. In ihrer gestern erschienenen Ausgabe berichtet die Illustrierte, dass die Berliner Agentur CMK auch das Privatleben der Politiker Wolfgang Tiefensee, Günther Oettinger und Christian Wulff ausgespäht habe.

Vergangene Woche hatte sie enthüllt, die CMK sei im Auftrag der "Bunten" Horst Seehofer, Oskar Lafontaine und Franz Müntefering mit geheimdienstlichen Mitteln nachgestiegen. "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel bestätigte, der CMK einen Auftrag erteilt zu haben, von den angeblichen Praktiken der Agentur habe sie aber nichts gewusst. CMK-Chef Stefan Kießling teilte mit, etwaige unsaubere Methoden hätten die beiden ehemaligen Mitarbeiter zu verantworten, die nun Kronzeugen des "Stern" sind. Zudem seien angebliche CMK-Unterlagen, die das Blatt präsentierte, Fälschungen.

Die neuen Informationen des Hamburger Magazins bleiben hinter den Erwartungen zurück: Die drei neuen Fälle sind weitaus schlechter dokumentiert als die der Vorwoche. Auch weiß das Blatt nicht, wer die angebliche Bespitzelung von Tiefensee, Oettinger und Wulff in Auftrag gegeben hat. Zudem ist nach wie vor unklar, ob der "Stern" seine Informanten bezahlt hat.

Die "Bunte" bestreitet, in zwei der drei genannten Fälle Auftraggeber gewesen zu sein. Sie habe nur Fotos veröffentlicht, die ihr von der CMK angeboten worden seien. Im dritten Fall habe man zwar einen Auftrag erteilt. Das Foto sei aber "mit ausdrücklichem Einverständnis des Politikers und seiner Begleitung zustande" gekommen. Gemeint sind offenbar Christian Wulff und seine zweite Frau Bettina, denen die CMK laut "Stern" "Ende März 2008 sogar bis ins italienische Pisa in die Flitterwochen" nachflog.

Von einem vierten Fall, der Observierung des ehemaligen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Günter Verheugen, durch die CMK war bereits im "Spiegel" zu lesen. Immerhin hat "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel gegenüber dem "Stern" eingeräumt, dass die CMK im Auftrag ihres Blattes in Sachen Verheugen unterwegs war. Neu ist zudem, dass die CMK nach Ende des "Bunte"-Auftrags Lafontaine angeblich auf Kosten des saarländischen Unternehmers Wendelin von Boch-Galhau (Villeroy & Boch) observieren lassen wollte, der auch dem CDU-Wirtschaftsrat angehört. Dies habe von Boch-Galhau abgelehnt.

Nachgelegt auf ihre Art hat auch "Bunte"-Chefredakteurin Riekel. In der aktuellen Ausgabe ihres Blattes lässt sie auf sechs Seiten Bertelsmann-Lenkerin Liz Mohn als "Patriarchin mit großem Herzen" umschmeicheln. Ob das in der Auseinandersetzung mit dem "Stern" hilft? Immerhin ist Gruner + Jahr, der Verlag in dem die Illustrierte erscheint, eine Bertelsmann-Tochter.

In ihrem aktuellen Editorial erklärt Riekel, dass ihr Blatt nur über Privataffären von Politikern berichte, "wenn sie zu Staatsaffären werden". Dann schreibt sie noch, dass Müntefering seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Michelle Schumann "als wissenschaftliche Mitarbeiterin in sein Bundestagsbüro" holte. Ist so etwas eine Staatsaffäre? Müntefering sieht das offenbar nicht so und will nun vor dem Presserat gegen die "Bunte" vorgehen.

Bereits Anfang der Woche hatte Riekel in einem Brief an die Grünen-Politikerin Renate Künast geschrieben, das Privatleben von Politikern sei für die Öffentlichkeit prinzipiell von Interesse, weil sie Vorbilder seien. Wenn das mal nicht zu einem Bumerang wird: In einer satirischen Kolumne schreibt eine "Taz"-Autorin, sie habe die CMK beauftragt, herauszufinden, ob "Patricia Riekel Weihnachten immer weinend an ihrem Schreibtisch sitzt, weil ihr Lebensgefährte, der ,Focus'-Chef Helmut Markwort, das Fest der Liebe mit Ehefrau und Sohn verbringt". Sie habe ein Recht dies zu erfahren. Denn "als Chefredakteurin eines gesellschaftlichen Moralmessers" sei Riekel "eine Leitfigur meines Wertesystems".