Spannend und sehr lakonisch: “Der Räuber“ von Benjamin Heisenberg

Die Augen sind der Spiegel der Seele. Nicht bei Johann Rettenberger (Andreas Lust). Sein Gesicht ist eine Maske. Keine Regung zeigt sich darin, Empathie scheint bei diesem Mann nicht möglich. Rettenberger definiert sich übers Laufen. Sechs Jahre lang saß er wegen versuchten Raubes im Gefängnis, täglich drehte er seine Runden in dem kleinen Gefängnishof. Als er aus dem Knast entlassen wird, trainiert er mit wissenschaftlicher Akribie für Marathonläufe. Zwischendurch überfällt er, mit einer Maske und einer Pumpgun ausgestattet, Banken und Sparkassen. Doch das erbeutete Geld interessiert ihn nicht, er verstaut es achtlos unter seinem Bett.

"Der Räuber" hat Benjamin Heisenberg seinen auf einer wahren Geschichte basierenden Film genannt. Aber seine Hauptfigur ist mehr Läufer als Räuber. Stundenlang spult er sein Ausdauerprogramm ab, die Banküberfälle sind dabei nur ein besonderer Kick. Unerkannt lebt er mit seiner Freundin Erika (Franziska Weisz) in Wien. Erst als er seinen Bewährungshelfer erschlägt, verstärkt die Polizei ihre Suche nach ihm und treibt ihn zur Flucht.

Heisenbergs Filmfigur ist ein Mensch, der aus der Welt herausgefallen ist. "Du verstehst nichts von meinem Leben", sagt er zu seiner Freundin. Sein Handeln hat etwas Zwanghaftes und Paradoxes. Nicht Geldgier treibt ihn an, es geht um Steigerung. Nicht eine Bank, sondern drei raubt er hintereinander aus. Eine Regung zeigt sich in seinem Gesicht erst, als er auf der Flucht vor einem riesigen Polizeiaufgebot ist. Plötzlich ist darin Angst zu erkennen. Wie ein Tier wird er durch den Wald gehetzt. "Er muss auslaufen", nennt Regisseur Heisenberg die Flucht, die ein Drittel des 100 Minuten langen Films einnimmt. Heisenberg ist mit "Der Räuber" ein spannender und lakonischer Film über eine existenzialistische Figur gelungen. Alles ist Bewegung, doch ein Ankommen unmöglich.

++++- Der Räuber A/D 2009, 100 Min., ab 12 Jahren, R: Benjamin Heisenberg, D: Andreas Lust, Franziska Weisz, täglich im Abaton, Internet: www.derraeuber.de