Janis Joplin würde hierherpassen. Sie, ihre Hummingbird-Gibson und ihr letzter Song, das schroff gegen die Stimmbänder gebürstete Mercedes-Benz-Gebet. Sie würde sich auf die kleinste Musikbühne Hamburgs stellen, an ihrem Southern Comfort nippen und Birgit hinter dem Tresen zunicken: Noch einen. In neun Sekunden wäre er da, durchgereicht von Birgits schöner Tochter Daniela; sie hat einen Mund wie Sophie Marceau und Augen dunkel wie der Blues, den sie hier kneten. Von Männern, die ihre Harp-Kollektion wie Revolvergurte an der Hüfte tragen und ihre Fender von Strohfeuern und Liebesfiebern erzählen lassen. Und da ist Rock, natürlich. Schmutzig, laut und gefährlich, dass die Schmetterlinge im Bauch bei der Bassline hochschrecken und wie verrückt durch alle Adern pochen.

Jan an den Reglern weiß, was Schmetterlinge brauchen. Knackig muss der Sound sein. Nicht kuschelig. Nix mit Chill-out-Sauce und Bubblegum-Jazz für Entschleuniger. Jans Mutter macht die Kasse und lüftet zwischen den Sets durch, ein Drumstick unter die Türschwelle geklemmt. Family Business, made in Eimsbüttel.

Die Nacht wirkt schwarzgespült vor den Fenstern des Musicclubs Live, innen schwebt rauchgoldenes Licht über 42einhalb Sitzplätzchen. Das flache Häuschen an der Fruchtallee 36 ist so groß wie drei Reihenhausgaragen, aber rockt wie 'ne Flugzeughalle. Alle reden mit allen, und jeder sagt hallo. Es wird geraucht, gelacht, mitgesungen, Murphys werden geordert. Wer Platz hat, tanzt, wer sitzt, wippt mit den Fersen oder der Unterlippe. Es geht nicht still. In der schallisolierten Schuhschachtel ist Magie. Und Punk, Swing, Jazz, Pop, Soul, Black Music und Liedermacher-Lieder. Immer live, immer handgemacht, sechs von sieben Tagen.

Was ist heute dran? Fast egal, es gibt immer etwas zu entdecken. Hamburger Bands. Nationale Perlchen. Cover-Gruppen. US-Importe. Anfänger und Private, die sich trauen und unter die 20 Musiker mischen, die an den Open-Mic- und Bluegrass-Session-Abenden die Hütte zum Kochen bringen. Manche sind ambitioniert. Die meisten gut. Einige genial.

Doch, Janis hätte sich wohlgefühlt; weil es so weit entfernt ist vom cleanen Pop- und MTV-Universum, es ist Old School, es ist echt.

Der ehemalige Leadgitarrist von Sheryl Crow spielt auf Todd Wolfe Band, Di 9.3., 21.00 (Einlass ab 18.00), Musicclub Live (U Christuskirche), Fruchtallee 36, Eintritt 10,-; www.music-club-live.de , www.toddwolfe.com

Nina George schreibt jede Woche in LIVE und liebt Hamburg.