Ulrich Tukur präsentiert das “Hohe Lied der Liebe“ in Worten und Musik. Der Liebling der Frauen brilliert mit Liebeslyrik von Salomon bis heute.

Hamburg. Ulrich Tukur und die Liebe. Eine ideale Kombination. Der unwiderstehliche Magnet. Wie das dichte Gedrängel aufgeregter Damen in Foyer und Parkett des St.-Pauli-Theaters bewies. Bärte und Kahlköpfe waren absolut in der Minderzahl. Der Schauspieler präsentierte in einer höchst unterhaltsamen, mit Bonmots, erotischen Liedern und Lyrik aufwartenden Lesung den von ihm edierten Bildband "Das Hohe Lied der Liebe". Tukurs Frau, die Fotografin Katharina John, kommentiert im edlen Buch den König Salomo zugeschriebenen Bibeltext mit Natur- und Porträt-Aufnahmen in weichen, rötlich braunen Sepia-Tönen.

Das weiße Akkordeon lässig geschultert, kommt Ulrich Tukur auf die Bühne. Singt zur Einstimmung Brechts frivoles Liebeslied mit den Zeilen "Und zwischen Erd und Himmel schaukeln wir leicht geschwellt der Hölle zu". Das "Gotteswort" des "Hohelieds" in Tukurs feurigem Vortrag klingt dann in orientalisch blumiger Bildsprache ebenso eindeutig und leidenschaftlich. John spiegelt die lyrischen Metaphern des Textes in ihren Fotografien von prallen Früchten, torsischen Körperstudien, einem Paar verschlungener Olivenbäume. Beim Schlusswort "Die Liebe ist gewaltsam wie der Tod" erklingt prompt von draußen eine Peterwagen-Sirene. Scherzt Tukur: "Jetzt hab ich so schlecht gelesen, dass mich die Polizei holt." Protest-Applaus von ganzem Herzen.

Dann kommt der Schauspieler beim heiteren Gedichteraten mit dem Publikum richtig in Fahrt. "Den erkennen Sie sicher", mutmaßt er und rezitiert eine ironisch unkeusche "Hohelied"-Paraphrase. Religionshasser Heinrich Heine, wer sonst? Perlen der Poesie folgen: Lustiges (Detlev von Liliencron, Christian Morgenstern), Trauriges ("Zwei Königskinder") und Ernüchterndes (Kästners "Sachliche Romanze"). Aber ebenso Wunderschönes (Else-Lasker-Schüler, Mascha Kaléko - seelenvoll gesungen) und derb Schmutziges. "Ja, auch schon vor 200 Jahren haben sie richtig geschweinigelt", freut sich Tukur über seine Entdeckung und malt wollüstig in Worten die Satire auf das barocke Schreckensbild der liederlichen "Frau Welt" aus. Bei den Versen des Grafen von Stolberg-Stolberg ("Filzläuse weiden in unzähligen Triften") schütteln sich die Zuschauer vor Ekel - oder Lachen. Sicher ist: Keiner wird das Gedicht über "die Wahl der Gattin" je vergessen. Doch Tukur wäre nicht Tukur, gliche er den Schock nicht charmant liebenswürdig aus - mit dem gefühlvollen Lied "Drei rote Rosen" und einer verschmitzten, von ihm trefflich verfassten Rilke-Parodie.

Das Hohe Lied der Liebe , hrsg. von Ulrich Tukur, Gütersloher Verlagshaus, 76 S., 37 Fotos und Audio-CD, 24.95 Euro.