Hamburg. Alles habe unter Hypnose stattgefunden, versichert Kunststudent Burk Koller: die Begutachtung seiner Abschlussarbeit, ihre Prüfung und Wertung. Danach aber sei das Jury-Gedächtnis frei von jeder Erinnerung. Hatte die Prüfungskommission also wirklich soeben die Abschlussarbeit des Studenten gesehen? Und was war davon übrig geblieben außer ein paar leeren Stühlen im Raum? Die interne Prüfungskommission der Hochschule für bildende Künste (HFBK) war gar nicht amused von Kollers sophistischem Spiel. Der Student bestand dennoch.

Ganz anders sah den Fall eine externe Jury, die den alljährlichen Karl-H.-Ditze-Diplompreis für die besten Abschlussarbeiten vergibt. Sie lobte das theoretische, mit dem Wert von Kunst-Prüfungen spielende Konzept und verlieh ihm kurzerhand den ersten Preis.

Kollers Stühle-Ensemble sind zusammen mit den Abschlussarbeiten von mehr als 50 weiteren Studenten in der Kunsthochschule zu sehen. Geradezu visuell ausladend gegenüber Kollers Theorie-Konzept zeigen sich die Arbeiten der beiden anderen Ditze-Preisträger. Der Zweite ist Michael Rockel mit "Lump" (englisch:Brocken), einer zweiteiligen Arbeit aus einem mächtigen schwarzen Bitumenbrocken und einer flächendeckenden Wandinstallation aus gefundenen Brettern, Blechen und Gläsern. In der Mitte ein spiegelndes, schwarzes Rechteck, das wie ein Schwarzes Loch seine Umgebung aufsaugt.

Dunkel geht es auch in der Arbeit von Silke Silkeborg zu, die den dritten Preis bekam. Auffallend an ihren Gemälden erscheint weniger ihre Hinwendung zur fast vergessenen Form der Freilichtmalerei als vielmehr die Zeit ihrer Ausflüge in die Natur oder eine städtische Umgebung: Es ist Nacht. Die Bilder, die sie dann als Beute mitbringt, zeichnen in ihren ambivalenten Zwischenlichtzonen hin und wieder auch die Konturen einer inneren Nacht.

Neben Malerei, Skulptur, Design, Foto, Grafik und Installationen präsentiert sich auf der Diplomausstellung ein Filmprogramm. Orte des Rückzugs gibt es auch, etwa in dem einladend sakral anmutenden Raum "La Jolla" mit schirmartigem Baldachin und Textil-Triptychon von Adelaida Cue-Bär, die hier unübersehbar ihre Erfahrungen mit Mode in Kunst übersetzt. Oder man begibt sich ins Innere der raumfüllenden Blase von Martin Jäkel, dem "Blaum", der wie andere Arbeiten des Künstlers physikalische Erfahrungen durch künstlerische Ausarbeitung ins Schwanken bringt.

HFBK - Diplomausstellung 2010 , Sa + So 14-20 Uhr. Hochschule für bildende Künste, Lerchenfeld 2