Hamburg. Quasthoff groovt. Mehr noch: Er rockt, er hat den Blues, er kann richtig funky sein, und wenn es über ihn kommt, näselt er wie Bob Dylan. Wer den Lied- und Oratoriensänger Thomas Quasthoff bislang nur von seiner klassischen Seite kannte, kam bei dessen Jazz-&-Soul-Konzert am Mittwoch in der Laeiszhalle aus dem Staunen kaum heraus. Schmutziges Screaming, rhythmisches Beatboxing oder schmalziger Balladentonfall, was immer Mann mit einer Stimme anstellen kann, Quasthoff hat es drauf. Und zwar stilecht, ohne jene peinliche Gestelztheit, mit der sich klassisch geschulte Sänger sonst an dieser Art Musik vergehen.

Ein begnadeter, in allen deutschen Dialekten bestens bewanderter Entertainer ist er außerdem. Vielleicht sogar ein bisschen zu sehr. Quasthoff ist der ungekrönte König der Sänger - wenn er nur aufhören wollte, zugleich den eigenen Hofnarren zu spielen. Denn mit wirklich jeder Zwischenansage fühlte er sich bemüßigt, vor allem sich selbst, manchmal sein Publikum und schließlich sogar die Musik auf die Schippe zu nehmen. So beschlich einen mitunter der Verdacht, mehr einer genialen Kunstübung beizuwohnen; einer Art täuschend echten Jazz-&-Soul-Country-Simulation. Jedes, die gewohnten Songstrukturen sprengende Solo wurde da sofort fast entschuldigend zur komischen Nummer umgebogen.

Wo es aber zu guter, ehrlicher Musik kam, war dies alles vergessen: Voll tiefen Humors war die Selbstironie gerade dort, wo der Song sie mit sich brachte - wie in Randy Newmans "Short People". Und wo die Lippen sangen, wovon das Herz überfließt, wie in Joe Cockers "Have A Little Faith In Me", da bot der Meister aller Gesangsklassen echten Soul.