Schauspielhaus: “Mädchen in Uniform“ hat am 25. Februar Premiere

René Pollesch hat's nicht nur mit der Kritik am Neokapitalismus, sondern auch mit dem Kino. Filme spielen für den Theaterautor und Regisseur eine ebenso wesentliche Rolle als Inspirationsquelle wie kritische und philosophische Texte zu Gesellschaft und Kultur. Formal bedient er sich dabei ziemlich komik- und effektsicher bei der Boulevard-Komödie, bei Comics und Comedy, Fernsehen und Pop-Musik. Pollesch hält es bei der Komposition von Bildern und Text mit der Montage-Technik des Pop-Duos Pet Shop Boys: Er verbindet Gedankentiefe mit einer schillernden, stets fluktuierenden Präsentationsoberfläche.

Diesmal hat sich Pollesch "Mädchen in Uniform" vorgenommen, den 1958 als "Skandalfilm" noch Aufsehen erregenden Streifen über eine lesbische Liebelei zwischen der Internatsschülerin Manuela und ihrer aufgeschlossen, "modernen" Lehrerin Fräulein von Bernburg. Géza von Radványis Remake mit Romy Schneider und Lili Palmer, Therese Giehse und Sabine Sinjen bezieht sich wie Leontine Sagans Kinofassung von 1931 auf das Theaterstück und den Roman von Christa Winslow. Die Autorin beschreibt die Revolte gegen den preußischen Erziehungsdrill um 1910 und die sich entspinnende Freundschaft zwischen den beiden Frauen bei den Proben zu einer Schulaufführung von Shakespeares "Romeo und Julia".

Wer den Autor und Regisseur kennt, der weiß: Er adaptiert Filme niemals für die Bühne, wie es gerade der jüngere Kollege Dominique Schnizer mit seiner Theatersoap nach "Casablanca" am Schauspielhaus versucht. Pollesch folgt weder Handlungsfäden noch der Entwicklung von Figuren. Er schnappt sich aus der Filmvorlage einen ihn und das Schauspielteam interessierenden Konflikt, um einen szenischen Diskurs im Hinblick auf aktuelle soziale Entwicklungen oder Probleme zu inszenieren. Es liegt auf der Hand, mit "Mädchen in Uniform" über das Thema Erziehung zu debattieren - wie es bereits der Untertitel andeutet: "Wege aus der Selbstverwirklichung".

Stück und Film spielen in einem preußischen Pensionat von 1910, das junge Frauen auf ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter vorbereitet und die Disziplinierung im Sinne männlicher Herrschaft noch als Weg zur kreativen und wahren Persönlichkeit ausgibt. Ein rotes Tuch für Pollesch; er lässt Rollenmuster weder im Leben noch auf der Bühne gelten. Sie dienen ihm als Spielmaterial; er will sie aufbrechen. Sein Stück dreht sich um Herrschaftsverhältnisse und den individuellen Widerstand, aber auch um die Liebe und das Theater in der Zwiesprache mit einem Chor von jungen Frauen.

Protagonistin der Aufführung ist - wie schon in anderen Pollesch-Projekten - Sophie Rois von der Berliner Volksbühne. Sie wird im Duell mit dem Chor die Paukerin geben, aber auch in Romeos Rolle schlüpfen und vermutlich mit Pollesch den Film auf den Kopf stellen, um ihm neue Einsichten im Blick die auf gegenwärtige Krise abzugewinnen.

Mädchen in Uniform Uraufführung, Do 25.2., 20.00, Schauspielhaus (S/U Hbf.), Kirchenallee 36, Restkarten: T. 24 87 13