Hamburg. "Wir bieten das Kontrastprogramm zur lauten und schrillen Pop-Life-Schau in der Galerie der Gegenwart", sagt Karsten Müller, der Direktor des Ernst-Barlach-Hauses im Jenischpark, wo jetzt die Ausstellung "Zwischentöne" mit Werken des Schweizer Malers Otto Meyer-Amden zu sehen ist.

Was Müller damit meint, erschließt sich dem Besucher schnell. Während es in der Galerie der Gegenwart um Künstler geht, die sich und ihre Arbeit seit den 80er-Jahren zur Marke erheben und sich perfekt zu vermarkten verstehen, wird im Barlach Haus eine Persönlichkeit mit völlig konträrer Kunstauffassung vorgestellt: Meyer-Amden (1885-1933), der in der Schweiz als einer der wichtigsten Maler des 20. Jahrhunderts gilt, steht für eine verinnerlichte Kunst, die auf der Suche nach idealen Formen die Bereiche zwischen Vorstellung und Wirklichkeit auslostet.

Zu sehen sind etwa 70 meist kleinformatige Arbeiten von zurückhaltender Farbigkeit, die figurativ sind, obwohl sie bei flüchtiger Betrachtung manchmal fast abstrakt erscheinen.

Meyer-Amden kam nach dem frühen Tod der Mutter in ein Internat. Doch anders als etwa für Literaten wie Robert Musil oder Hermann Hesse wurde das Internat für ihn nicht zur traumatischen Erfahrung, er erlebte das Heim vielmehr als Modell menschlichen Zusammenlebens. Noch Jahre später schuf er Jünglingsakte sowie Blätter, auf denen der streng geregelte Alltag des Internats auf verhaltene Weise thematisiert wird.

Meyer-Amden studierte in München, wechselte aber 1908 an die Stuttgarter Kunstakademie, wo er Meisterschüler von Adolf Hölzel wurde. Hier traf er auch auf Oskar Schlemmer, mit dem ihm eine lebenslange Freundschaft verband.

Mehr noch: An vielen Arbeiten sind Einflüsse von Schlemmers typisierten, entindividualisierten Figuren erkennbar. Gerade einige frühe Werke zeigen jedoch, dass dies keine einseitige Beeinflussung war, sondern dass sich offenbar auch Schlemmer von Meyer-Amden anregen ließ.

Otto Meyer-Amden, der sich 1912 in der Schweizer Künstler-, Reformer- und Okkultisten-Kolonie Amden niederließ und schließlich auch deren Namen annahm, ging es nicht um repräsentative Darstellungen, er suchte vielmehr nach kompositorischen Strukturen, die sich mit unterschiedlichen Inhalten füllen ließen. Seine Bilder sind feingliedrig, oft liegen mehrere hauchdünne Farbschichten über den Tagebuchblättern, Figurenbildern, Landschaften und Porträts, die sich der flüchtigen Betrachtung entziehen. Nur wenn man sich auf diese oft merkwürdigen organischen Kompositionen wirklich einlässt, entfalten sie ihre Wirkung.

"Die Erinnerung an Hamburg, Meer, Heide, Sie mit den Ihrigen ist schön. Ihre Intensität, von der Morgenfrühe bis zum Abend, Ihre wertvollen Interessen, Ihre Offenheit, Ihre Arbeit", schrieb Meyer-Amden 1929 an seinen Hamburger Malerfreund Paul Bollmann, dem eine korrespondierende Kabinettausstellung gewidmet ist.

Zwischentöne Werke von Otto Meyer-Amden, Ernst-Barlach-Haus, Jenischpark, bis 30. Mai, Di-So 11-18 Uhr