Gibt es Welthaltigeres als das Lied? Nein, ist man versucht zu sagen, wenn man Kargs “Verwandlung - Lieder eines Jahres“ hört.

Hamburg. Gibt es Welthaltigeres als das Lied? Nein, ist man versucht zu sagen, wenn man die CD "Verwandlung - Lieder eines Jahres" hört, die die Sopranistin Christiane Karg und der Liedpianist Burkhard Kehring jetzt aufgenommen haben. Es ist Kargs Debüt-CD. Die Sängerin hat dem Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper angehört; sie hat bei den Salzburger Festspielen gesungen und in kurzer Zeit eine rasante Karriere gemacht.

Die Künstler haben die Lieder, unabhängig von der Entstehungszeit, inhaltlich angeordnet. Daraus ergibt sich eine klingende Jahresuhr von besonderem dramaturgischen Reiz; das Spektrum reicht von Evergreens wie Schuberts "Frühlingsglaube" (Uhland) bis zu dem entlegenen "Der Sommer" von György Ligeti (Friedrich Hölderlin) von 1989. Es sind gerade die Gegensätze, die die Ohren schärfen.

Kargs Timbre ist so warm und voll, wie man es sich nur wünschen kann. Kein Intervallsprung, kein Registerwechsel scheint ihr je schwerzufallen, bis auf einige Spitzentöne ist jede Silbe zu verstehen. Aber Karg stellt diese Perfektion in den Dienst der Geschichten, die sie hellwach erzählt, der Stimmungen von Jubel bis Erstarrung, die sie wachruft. Auf kleinstem Raum variiert sie Dynamik, Klangfarben, Vibrato. Und Kehring steht ihr an Nuancenreichtum, Geist und agogischer Empfindsamkeit um nichts nach.

So klingt nicht nur das Jahr, so klingt das Leben.

Christiane Karg, Burkhard Kehring: "Verwandlung - Lieder eines Jahres": Berlin Classics, 15,99 Euro. Erscheint am 12. März