Allzu leicht ist vergessen: Thomas Mann galt nach 1945 in seiner Heimat als Hassfigur. Für Gerhard Nebel war der Nobelpreisträger der "Exponent einer bis zur Dummheit gehenden Abneigung gegen Deutschland" - wie er im FAZ-Artikel zu Manns 75. Geburtstag geschrieben hatte. Die Kontroverse zwischen den "inneren Emigranten" und den Exilanten dokumentiert die Ausstellung "Doppelleben - Literarische Szenen aus Nachkriegsdeutschland" in der Freien Akademie der Künste. In teilweise bisher unveröffentlichten Briefen, Fotos, Tagebuchnotizen und Zeitungsartikeln, aber auch in Film- und Tondokumenten werden die Gegenpositionen verdeutlicht. Die deutsche Literaturszene war, wenig überraschend, von Ewiggestrigen, Konservativen und Verdrängern dominiert. Irmgard Keun sprach in einem Brief 1947 vom "Schleim der Frömmigkeit". Alfred Döblin verließ 1953 ein zweites Mal Deutschland, weil er sich überflüssig fühlte.

Die sehenswerte, vom Literaturkritiker Helmut Böttiger kuratierte Wanderausstellung macht bis Ende März Station in Hamburg. Sie ist auch um Tafeln über die lokale Szene ergänzt worden - über Autoren wie Wolfgang Borchert, Hans Leip, Hans Erich Nossack oder Hanns Henny Jahnn, Gründungspräsident der Freien Akademie in Hamburg.

Doppelleben : bis zum 21.3., Freie Akademie der Künste, geöffnet Di-So 11 bis 18 Uhr; Fritz J. Raddatz , Autor und Publizist, reflektiert heute Abend um 19.30 Uhr in seinem Vortrag über "Deutsch-deutsche Schizophrenie".