Hamburg. Manche Streichquartette verstehen sich blind, sodass sie auch ohne Blickkontakt musikalisch zu einer restlos homogenen Einheit verschmelzen. Da gehen die Einzelstimmen völlig im Gesamtklang auf - und verlieren mitunter einen Teil ihres eigenen Profils. Beim Arcanto Quartett, das jetzt im Kleinen Saal der Laeiszhalle gastierte, ist das anders: Die vier Streicher um Residenzkünstlerin Tabea Zimmermann sind allesamt gefragte Solisten, Konzertmeister und Kammermusiker, und sie machen das Quartettspiel immer nur phasenweise zu ihrem Hauptberuf.

Das hat durchaus viele Vorteile, wie beim packenden Auftritt des Ensembles mit seinem erlesenen Programm zu erleben war: Die Kommunikation zwischen den Musikern ist noch ganz frisch und frei von müder Routine, als würden sie die Interpretation erst in diesem Moment entstehen lassen.

Sehr lebendig formten sie etwa die filigranen Motivspiele in Mozarts dunklem d-Moll-Quartett, bei denen die vier Stimmen ständig hellwach aufeinander reagieren; anmutig tönte die sanft wiegende Wehmut im Andante.

Die schmerzliche Expressivität von Mendelssohns schroffem f-Moll-Quartett bürsteten die Streicher mit hitzigem Furor und nun auch stärkerem Vibrato aus den Saiten. Und beim wunderbaren Brahms-Klarinettenquintett entfachten sie gemeinsam mit Jörg Widmann spätromantische Leidenschaft.

Diese mitunter beglückende Intensität des spontan wirkenden Musizierens hat jedoch auch eine Kehrseite: Was Intonation, Zusammenspiel, Phrasierung und gemeinsamen Klang angeht, erreicht das Arcanto Quartett eben nicht die Homogenität und Perfektion der besten Fulltime-Ensembles. Aber es ist ja auch viel aufregender, eine echte Diskussion zu erleben als ein Gespräch von vier Leuten, die ständig einer Meinung sind.