Hamburg. Ist Selbstvermarktung tödlich? Andy Warhol - tot. Keith Haring - tot. Martin Kippenberger - tot. Jeff Koons - scheintot. Wie schön, dass es jetzt "Pop Life" gibt, die Ausstellung über die Geburt des Künstlers als Selbstvermarkter. Sie erweckt die Toten respektive ihr Werk noch einmal zum Leben. In der Galerie der Gegenwart zeigt Andy seine tête-à-têtes mit den Promis dieser Welt, lädt Haring zum Einkauf in seinen Pop Shop, fährt Kippy erfolgreich durch die Pubertät, während Koons seiner Cicciolina gelangweilt unter die fehlende Wäsche geht.

Ein Friedhof ist es bei Weitem nicht, was Pop Life bietet. Im Gegenteil. Poppig tönt es durch die Räume, die mal golden, mal mit Schwarzlicht gefüllt, in Rosatönen oder als Rekonstruktionen ehemaliger Kunsträume vor allem eines unter Beweis stellen wollen: Die Schlacht um die Markt-, Kommerz-, Deutungs- und Verkaufshoheit ist spätestens seit der Pop Art eröffnet. Wer ist ist groß, toll, großartig, alles? Kippenberger gemäß Koons. Wer ist sich selbst der beste Auktionator? Damien Hirst. Wer beherrscht die Klaviatur des Unternehmers virtuos? Murukami. Wem gelingt es, dem Sammler ein Kunstwerk in Form von monotonem Sex mit der Künstlerin anzudrehen? Andrea Fraser. Wem hat man das alles zu verdanken? Andy Warhol, so die Initiatoren dieser Schau.

Die These von Pop Life ist auf den ersten Blick stimmig. In allen Ecken und Winkeln der Kunstwelt drängen die Künstler auf den Markt. Doch statt über Mittelsmänner, über Hierarchien oder Museumsgunst ihr Werk zu positionieren, sich in Abhängigkeit zum Kunst-Überbau zu begeben, beginnen sie, Vermarktung, Imagebildung sowie Deutung von Person und Werk in die eigenen Hände zu nehmen. Das geschieht aus rebellisch-taktischen Gründen bei Kippenberger, aus kunstmarktstrategischen bei Hirst. Die Motivation für Selbstvermarktung ist vielfältig, nicht nur affirmativ und oberflächlich, wie es einige der hier ausgestellten Positionen suggerieren. Ein Verdienst auch der Ausstellung, die einer allzu einseitigen Vorstellung von Kommerzialisierung und Vermarktung durch unterschiedlichste Positionen entgegensteuert.

Offenbar wird aber ein anderes Manko: Ein eigenständig verstandenes Selbst existiert nur als Ausnahme. Hier findet mehr Fremd- als Selbstvermarktung statt. Meist werden Klischees, Mainstream-Muster, prominente Köpfe, mediale Dauerbrenner, Geschöpfe der ausgetretenen Pfade zu Markte getragen, selten aber etwas, das sich genuin oder eigen nennen könnte.

So erfolgreich der Kampf der Künstler um Vermarktung ausgefochten wird, so sehr sind doch die meisten in der Wahl ihrer Motive Hofkünstler geblieben oder, wie es Künstler Maurizio Cattelan suggeriert, Hofnarren. Aber auch die Abhängigen von den Vorgaben aus Werbung, Medien oder anderen Quellen des Mainstreams können noch bunt und laut aufmischen. Es gibt ein Leben nach dem Tod: Pop Life.

Pop Life in der Galerie der Gegenwart, Glockengießerwall 1, bis 9. Mai, Di-So 10-18 Uhr, Do bis 21 Uhr.