Am Sonntag sind wir alle verliebt. So steht es im Kalender. Männer schenken Blumen, Frauen backen herzförmige Spiegeleier und rubbeln Enteiser auf Windschutzscheiben, um Lippenstiftsignaturen auf das Glas zu hauchen. In Restaurants werden die Lampen gedimmt und Wunderkerzen-Desserts mit zwei Löffeln kredenzt. Die ganze Welt ist ein Chaucer-Gedicht.

Valentinstag. Der vermutlich gefährlichste Tag im Leben zweier Liebender.

Die Chance, sich am 14. Februar zu entzweien, ist 5,5-mal höher als an allen anderen Tagen, Weihnachten ausgenommen, fanden findige Forscher und Fachanwälte heraus. Schuld ist der Valentinseffekt - wenn nämlich zwei unterschiedliche Vorstellungen über den Verlauf des Liebesfeiertags im ungünstigen Winkel aufeinanderprallen. Vier Fallen, und wie man/frau sie umgeht:

1. Das Fangeisen des Zweifels. Beschenkt mich der Liebste mit elf Rosen, weil er gehört hat, dass es sich so gehört - oder weil er mich wirklich liebt? Nachsichtige Valentinisten trotzen diesem Misstrauen, indem sie zu jeder Rose eine Liebeserklärung aussprechen. Und sie so meinen, versteht sich.

2. Die Inszenierungsfalle. Natürlich darf man Valentinstag ignorieren, wie es ein Drittel der Hamburger hält. Das fällt jedoch manchem schwer im Wirbel der diversen Zelebrierungs-Angebote; und selbst im aufgeklärtesten Menschen an der Seite eines Valentin-Boykotteurs schlummert ein waidwundes Herz, das ganz leise fragt: Wenn es aber ALLE anderen mit der Romantik so haben, wieso krieg ich nicht mal ein Plüschtierchen von der Tanke? Als Retter in dieser Not bewährt sich ein heimlich auswendig gelerntes Gedicht.

3. Die Spontaneitätsfalle. Restaurants, Wellnesstempel und Blumenhändler sind ausgebucht oder -verkauft, an der Tankstelle sind alle Diddl-Mäuse mit Spruch-Kissen weggestorben, die Post trägt sonntags den Liebesbrief nicht aus. Wer zu spät plant, dem bleibt der Vorwurf des Partners, warum sie beide nicht jetzt im warmen Schwimmbad durch Rosen planschen, sondern frierend durch Knochenbrecherstraßen rutschen. Das passierte meinem Nachbarn. Er rettete sich mit Kniefall nebst Heiratsantrag.

4. Konsumkritik als einzige Ausrede. Ja, der 14. Februar ist ein umsatzkalkulierter Tag für SMS-Anbieter, Fleurop und Süßwaren. Ja, Romantik auf Kommando und dieser kreischpinke Herzchenkram hat was von Pose. Jetzt kommt das Aber: Aber ist für die Liebe nicht jeder Tag im Jahr geeignet - warum also nicht auch ein Sonntag mitten im Februar?

Nina George schreibt jede Woche in LIVE und liebt Hamburg.